02.2017
Zeitwertkonten richtig nutzen
Zeitwertkonten sind nicht mehr nur in Großunternehmen ein beliebtes Mittel, um die Lebensarbeitszeit flexibel zu gestalten. Auch im Mittelstand punkten immer mehr Unternehmen damit im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte und steigern die Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiter.
Zcitwertkonten - auch Langzeitkonten genannt - ermöglichen Mitarbeitern längere Auszeiten vom Job, etwa für Familienaufgaben, Fortbildungen oder den vorzeitigen Ruhestand. Doch die Tücken stecken im Detail, betont die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Unternehmer sollten die Vereinbarungen so gestalten und durchführen, dass sie keine Angriffspunkte für die Finanzbehörden bieten. Unternehmen können Langzeitkonten grundsätzlich mit allen Arbeitnehmern vereinbaren. Dies gilt gleichermaßen für Berufsanfänger wie Stammkräfte, egal ob in Vollzet oder Teilzeit. Jedoch sind Zeitwertkonten für die Chefetage wie etwa GmbH-Geschäftsführer und Vorstände von Aktiengesellschaften rechtlich bedenklich. Laut aktuellem Urteil des Bundesfinanzhofs sind Langzeitkonten mit deren Aufgabenbereich nicht vereinbar |BFH, Az. I R 26/15). Die Finanzrichter werten in solchen Fällen Einzahlungen auf Zeitwertkonten als verdeckte Gewinnausschüttung oder als lohnsteuerpflichtig. "Noch ist unklar, ob es Ausnahmen gibt und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen", sagt Dr. Stephanie Thomas, Rechtsanwältin und Steuerberaterin der WWS. "Für ihre Altersvorsorge sollten Führungskräfte mit Organstellung sicherheitshalber alternative Modelle in Betracht ziehen."
Überstunden, Urlaubsgeld, Provisionen oder Boni werden nicht ausgezahlt, sondern als Gutschrift auf dem Langzeitkonto Steuer- und sozialabgabenfrei angespart. Die Abgaben werden erst bei der Auszahlung in der Freistellungszeit fällig, z. B. in einem Sabbatical oder zwischen der Beendigung der Arbeitstätigkeit und dem Beginn der Rentenzahlungen. So wird das Entgelt über einen längeren Zeitraum gestreckt, und der Lohnsteuersatz sinkt. Zudem fällt für Zinsen auf dem Langzeitkonto keine Abgeltungssteuer an. Erst in der Auszahlungsphase müssen Unternehmen die Lohnsteuer abführen.
Damit die Vorteile greifen, muss das Zeitwertkonto jedoch strenge Vorgaben erfüllen: Zeitguthaben sind in Geldbeträge umzurechnen und Wertguthaben müssen in Euro ausgewiesen werden. Firmen müssen darüber hinaus garantieren, dass sie ihren Mitarbeitern mindestens den angesparten Geldbetrag ausbezahlen. Die Grundlage dafür ist stets eine individuelle schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die bei Bedarf beim Finanzamt vorgelegt werden kann. Besondere Vorsicht ist bei Höhe und Gesamtumfang der Einzahlung geboten: Wertguthaben müssen in der Freistellungszeit vollständig aufgebraucht werden können. Beträge, die darüber liegen, sind bereits m der Ansparphase Steuer- und sozialabgabenpflichtig. Um saftigen Nachzahlungen aus dem Weg zu gehen, rät WWS-Beraterin Dr. Stephanie Thomas deshalb: "Je nach Ausgestaltung sollten Firmen Zahlungen auf Zeitwertkonten jährlich überprüfen."
Chancen und Risiken ausloten
Wechseln Arbeitnehmer die Firma, können sie bei ihrem neuen Arbeitgeber eine Übernahme des bestehenden Langzeitkontos beantragen. Zwar muss der neue Arbeitgeber nicht zustimmen, doch sollten Unternehmen eine Übertragung nicht vorschnell ablehnen. Immerhin könnte ein kategonsches Nein den Wunschkandidaten abschrecken. Stattdessen sollte die Situation eingehend geprüft werden, um Chancen und Risiken auszuloten.
Zeitwertkonten sind alles in allem ein wirkungsvolles Instrument, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden. Unternehmen sollten sich vor der Einführung jedoch unbedingt fachlich beraten lassen und dafür Sorge tragen, dass die getroffenen Vereinbarungen ihren Arbeitnehmern ein Maximum an Flexibilität und Steuervorteilen gewährleisten.
Quelle: First Class
Korrespondenz mit:

Dr. Stephanie Thomas
Managing director,
lawyer,
tax consultant,
specialist solicitor for tax law
Contact
Tel.: 0049 2166 971-130
sthomas@wws-mg.de
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