07.2015
Wie viel für Praktikanten
Praktika sind für Unternehmen eine gute Möglichkeit um Nachwuchskräfte kennen zu lernen und die Möglichkeit einer dauerhaften Zusammenarbeit auszuloten. Doch Vorsicht: Durch das Mindestlohngesetz gelten auch für Praktika seit Jahresbeginn verschärfte Vorgaben. Was Unternehmen und Praktikanten beachten sollten.
Die Planung und Durchführung von Praktika erfordert Weitsicht, warnt die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Insbesondere die Entlohnung und Praktikumsdauer müssen sorgfältig festgelegt werden. Andernfalls drohen Unternehmen hohe Nachzahlungen und empfindliche Bußgelder. Grundsätzlich haben auch Praktikanten Anspruch auf den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Zu den praxisrelevantesten Ausnahmen zählen Pflichtpraktika, die im Rahmen einer Ausbildung, eines Studiums oder auf Anweisung einer Schule erfolgen. Auch bei freiwilligen Praktika, die der beruflichen Orientierung dienen oder während eines Studiums oder einer Ausbildung durchgeführt werden, kann die Mindestlohnpflicht entfallen.
Unternehmen sollten Anlass und Beweggründe für ein Praktikum immer dokumentieren. Dazu können sie sich etwa die Praktikumspflicht von der Bildungseinrichtung bestätigen lassen und das Dokument zusammen mit der Studien- oder Ausbildungsordnung in der Personalakte aufbewahren. In jedem Fall müssen Unternehmen darauf achten, einen Praktikumsvertrag abzuschließen, der die wesentlichen Punkte festhält.
Maximal drei Monate
Zentrale Voraussetzung für die Mindestlohnbefreiung bei freiwilligen Praktika ist, dass sie maximal drei Monate dauern. „Wird die Höchstdauer auch nur geringfügig überschritten, ist ab dem ersten Praktikumstag rückwirkend der Mindestlohn fällig", warnt Rebekka De Conno, Rechtsanwältin der WWS. Allzu kurze Praktika sind in der zunehmend komplexen Berufswelt für Unternehmen und Praktikanten selten sinnvoll.
Schnell vergehen einige Wochen, bis der Praktikant sich einarbeitet und einbringen kann Hier eröffnet das Mindestlohngesetz Spielräume, die Beschäftigungszeit im selben Unternehmen auszudehnen. Verschiedene Praktika lassen sich kombinieren, so dass Praktikanten theoretisch über ein halbes Jahr lang ohne Anspruch auf Mindestlohn beschäftigt werden können. „Das Zusammenlegen von Praktika unterliegt aber engen Grenzen", betont De Conno. Möglich sind zwei aufeinander folgende Pflichtpraktika, wenn der Lehrplan einer Bildungseinrichtung zwei Pflichtpraktika vorsieht. Auf ein freiwilliges Orientierungspraktikum kann ein Pflichtpraktikum oder ein freiwilliges ausbildungsbegleitendes Praktikum folgen. Vom Mindestlohn ausgenommen sind auch freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika, wenn sie mit einem Pflichtpraktikum kombiniert werden. Bei allen anderen Kombinationen greift beim zweiten Praktikum die Mindestlohnpflicht.
Angemessene Vergütung
Auch ohne Mindestlohn haben Praktikanten Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Richtschnur sind die vom Bundesinstitut für Berufsbildung veröffentlichten Ausbildungsvergütungen. Ein Anspruch auf Vergütung entfällt nur in Ausnahmefällen, wenn etwa ein Praktikant nur sehr kurz im Unternehmen ist oder nur passiv am Arbeitsprozess teilnimmt.
Laut Mindestlohngesetz steht der Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen eindeutig im Vordergrund, und nicht die Arbeitsleistung. „Bereits aus der Stellenausschreibung sollte klar hervorgehen, dass das Praktikumsverhältnis auf die Wissensvermittlung abzielt", rät WWS- Anwältin De Conno. Überwiegt hingegen der wirtschaftliche Nutzen für das Unternehmen, wird aus dem Praktikum schnell ein verdecktes Arbeitsverhältnis.
Quelle: pbs Aktuell
Korrespondenz mit:

Rebekka De Conno, LL.M.
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Tel.: 02166 971-128
Fax: 02166 971-173
rdeconno@wws-mg.de
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