07.2018
Versorgungszusagen im Krisenkontext: Welche Auswege führen aus der Pensionsproblematik?
Bei Unternehmensübertragungen werden Versorgungszusagen an mittelständische Firmenchefs schnell zum Hindernis. Der Fiskus eröffnet Unternehmen jetzt eine neue Möglichkeit, sich von Pensionszusagen zu befreien und Steuernachteile zu vermeiden.
KSI-Redaktion: Was wird im Krisenfall aus Versorgungszusagen?
Inka Limberg: Meist sind Chefs inhabergeführter Unternehmen bei der Altersvorsorge auf sich allein gestellt. Viele GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer vereinbaren mit ihrer Firma eine Pensionszusage, um sich für den Ruhestand ausreichend abzusichern. Doch so nützlich sie im Alter ist, so hinderlich ist sie bei Firmenveräußerungen und -nachfolgen. Ein aktuelles Schreiben der Finanzverwaltung gibt den GmbHs jetzt die Möglichkeit, Versorgungszusagen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers lohnsteuerfrei auf einen anderen Betrieb zu übertragen. Jedoch muss dieses „Entsorgungsmodell“ nicht immer die beste Lösung sein. Transaktionswillige Firmenchefs sollten grundsätzlich alle Gestaltungsoptionen steuerlich vorprüfen. So lassen sich Lösungen finden, die für alle Beteiligten vorteilhaft sind.
KSI-Reaktion: Häufig entstehen in solchen Fällen Interessenkonflikte, die aber beherrschbar sind?
Inka Limberg: Ja, Pensionszusagen führen bei einer Untemehmensübertragung (mit oder ohne Krisenanlass) zum Interessenkonflikt. Ausscheidende Chefs wollen ihre Ansprüche auf Rente oder auch Hinterbliebenenversorgung wahren. Übrnahmekandidaten hingegen scheuen Rückstellungen und spätere Zahlungen, insbesondere dann, wenn die Versorgungszusage eine Deckungslücke aufweist. Käufer und Untemehmensnachfolger bestehen daher i.d.R. darauf, dass die Übertragung ohne zukünftige Versorgungsansprüche vonstatten geht. Es gibt keine Musterlösung, mit der Pensionszusagen steuerfrei und ohne Auswirkungen auf die Liquidität entsorgt werden können. Firmen sollten die Chancen und Risiken der möglichen Gestaltungsmodelle im jeweiligen Einzelfall sorgfältig abwägen.
KSI-Redaktion: Welche Handlungsmöglichkeiten können Sie empfehlen?
Inka Limberg: Pensionszusagen können in GmbH auf unterschiedliche Weise entsorgt werden, etwa in der Form, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zugunsten einer erfolgreichen Transaktion auf seine Pensionsansprüche verzichtet und dafür eine Abfindung erhält. Jedoch führt dies laut einem aktuellen Urteil des BFH i.d.R. auf Untemehmensseite zu einer verdeckten Einlage und zu einem Lohnzufluss beim Geschäftsführer1. Das Ergebnis: Für den Geschäftsführer fallen saftige Lohnsteuerzahlungen an. Einziger Trost mag sein, dass in solchen Fällen Steuerzahler in den Genuss der Fünftelregelung kommen, was die Steuerlast je nach Fallkonstellation etwas reduzieren kann.
KSI-Redaktion: Welche anderen Lösungen als den Verzicht gegen Abfindung gibt es?
Inka Limberg: Ein Verzicht ist nicht alternativlos. GmbHs können etwa eine Pensionszusage auf eine andere Firma gegen eine Ablösungszahlung auslagern. Lukrativ wird diese Option durch ein neueres BFH-Urteil2. Bislang gingen die Finanzämter davon aus, dass in solchen Fällen immer ein Lohnzufluss an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer erfolgt - inkl. Lohnsteuerpflicht. Das sahen die BFH-Richter jetzt anders. Eine Lohnzahlung liegt ihrer Ansicht nach nur dann vor, wenn der Anspruchsberechtigte ein Wahlrecht hat, sich alternativ die Ablösesumme an sich auszahlen zu lassen. Dem folgt nun ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums3. Dies güt allerdings nur für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, die i.d.R. nicht unter das Betriebsrentengesetz fallen. Für „normale“ Arbeitnehmer oder Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer, die unter das Betriebsrentengesetz fallen, sind andere Regelungen maßgeblich.
KSI-Redaktion: In diesem Zusammenhang fällt häufiger der Begriff der Rentner-GmbH, mit welchem Hintergrund?
Inka Limberg: Die neue Rechtslage könnte zu einer Renaissance der sog. „Rentner-GmbH“ führen. Will heißen: Im Vorfeld einer geplanten Transaktion von GmbH A wird eine neue GmbH B gegründet, welche die Pensionszusage des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers ohne die Gefahr von Lohnzufluss an den Anspruchsberechtigten übernimmt. Alternativ zu einem Unternehmensverkauf kommt auch ein Asset Deal in Frage. Der Käufer kann dabei wählen, welche Assets er von der Gesellschaft erwerben will. Die Rest-Gesellschaft wird als Rentner-GmbH weitergeführt oder mit einer dritten Firma verschmolzen.
KSI-Redaktion: Vorbeugen ist besser als heilen - auch hier?
Inka Umberg: Bei Pensionszusagen ist grundsätzlich Weitblick gefragt. Schon beim Abschluss lauem Fallstricke, insbesondere bei Zusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Die Finanzverwaltung stellt hohe Anforderungen an die steuerliche Anerkennung. So muss etwa eine Pensionsvereinbarung nicht nur schriftlich verfasst, sondern auch per Gesellschafterbeschluss genehmigt sein. Sie darf zudem erst frühestens zwei bis drei Jahre nach Dienstantritt erteilt werden, bei Neugründung erst nach fünf Jahren. Finanzbeamte prüfen eine Pensionsvereinbarung besonders kritisch auf ihre Angemessenheit. Der Versorgungsberechtigte darf im Pensionsfall maximal 75% der Aktivbezüge erhalten. Bei Herabsetzung der Bezüge während der aktiven Zeit kann es zu einer Überversorgung kommen. Halten Firmen die Vorgaben des Fiskus nicht ein, werden die Pensionszusagen schnell zur verdeckten Gewinnausschüttung. Bei einer Betriebsprüfung können dann hohe Steuernachzahlungen samt 6% Zinsen drohen. Firmen sollten ihre Pensionszusagen regelmäßig mit der aktuellen Rechtslage abgleichen und ggf. nachbessern.
KSI-Redaktion: Vielen Dank für die konstruktiven Argumente hinsichtlich der Beherrschbarkeit einer schon ohne Krisenanlass bedeutsamen Problematik, die im Krisenfall nicht selten Sanierungen im Wege steht.
Quelle: KSI
Korrespondenz mit:
Inka Limberg
Steuerberaterin
Tel.: 02166 971-0
Fax: 02166 971-200
E-Mail: ilimberg@wws-mg.de
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