05.2018

Vorsteuervergütung richtig beantragen

Bei Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen im Ausland können sich Unternehmen die Umsatzsteuer dort in vielen Fällen zurückholen. Verantwortliche im Rechnungswesen sollten die strengen Vorgaben genau einhalten und eine wichtige Neuerung kennen, wie Jennifer Telle, Steuerberaterin der Kanzlei WWS in Mönchengladbach, informiert.

Mit der fortschreitenden Globalisierung werden immer mehr Firmen im Ausland aktiv. In steuerlicher Hinsicht müssen Geschäftsleute dabei einige Be­sonderheiten beachten. So kön­nen sich etwa umsatzsteuer­pflichtige Unternehmen die Vor­steuer aus Rechnungen auslän­discher Geschäftspartner nicht einfach im Rahmen der Umsatz­steuer-Voranmeldung erstatten lassen. Sie haben aber die Mög­lichkeit, im EU-Ausland und in vielen Drittstaaten eine Rück- zahlung zu beantragen. Die Crux: Von Fall zu Fall können die dafür geltenden Regelungen sehr un­terschiedlich sein. Unternehm en sollten sich mit den Vorgaben des Erstattungsstaates einge­hend vertraut machen. Schon bei kleinen Abweichungen kann der Anspruch auf Vergütung der Vor­steuer verloren gehen.

EU-Richtlinie 2008/9/EG

Innerhalb der Europäischen Uni­on ist die Vorsteuervergütung durch die EU-Richtlinie2008/9/EG geregelt. Sie besagt, dass Un­ternehmen ihren Erstattungsan­trag mit allen erforderlichen Be­legen ausschließlich per Daten­fernübertragung in ihrem Hei­matland einreichen müssen. Ei­ne Übermittlung von Unterlagen per Post oder E-Mail ist nicht zu­lässig. ln Deutschland stellt der Fiskus für die Beantragung eine Online-Plattform beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zur Verfügung. Steuerzahler können hier oder alternativ über das Elster-Online-Portal ein für den Vorgang erforderliches Software-Zertifikat erwerben. Unternehmen müssen die gezahlte Umsatzsteuer für den betreffenden Vergütungszeitraum selbst berechnen und den Antrag bis zum 30. September des Folgejahres an das BZSt übermitteln. Dieses leitet korrekt gestellte Anträge innerhalb von 15 Tagen an den Erstattungsstaat weiter.

Voraussetzung dafür ist, dass Firmen einen Nachweis der Unternehmereigenschaft und der Steuerpflicht vorlegen. Ein entsprechendes Dokument können sie bei ihrem Finanzamt beantragen. Die Finanzbeamten müssen dabei die Vorgaben eines aktuellen Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) einhalten (Az. III C 3 - S 7359/10/10002). Firmen sollten sicherheitshalber prüfen, ob die Bescheinigung dem BMF-Vordruckmuster genau entspricht. Andernfalls gilt der Antrag womöglich als nicht eingereicht. Verstreicht in der Folge die Einreichungsfrist, ist eine Vergütung nicht mehr möglich. Das Schreiben mit Vordruckmuster können Steuerzahler auf der Webseite des BMF herunterladen.

Umsatzsteuervolumen

Ob Unternehmen überhaupt einen Vergütungsantrag stellen können, hängt vom Umsatzsteuervolumen ab. Der Erstattungsbetrag darf 50 Euro nicht unterschreiten. Beträgt der Vergütungsbetrag mindestens 400 Euro, kann der Unternehmer auch einen Antrag für mindestens drei Monate stellen. Auch bei der Bearbeitung der Antragsformulare müssen Unternehmer einiges beachten. So muss EU-weit die Beschreibung der Geschäftstätigkeit gemäß EU-Verordnung 1893/2006/EG in Form eines vierstelligen Codes erfolgen. Halten sich Antragsteller nicht genau daran, droht eine Ablehnung der Vorsteuervergütung.

Ungleich länger ist die Liste der Vorgaben, die je nach EU-Staat variieren können. Die jeweiligen Länderspezifika gehen aus der sogenannten "Präferenzliste der EU-Mitgliedsstaaten" hervor. Unternehmer können die Liste auf dem Internetportal des BZSt herunterladen. Sie gibt etwa Aufschluss darüber, ob Firmen bei der Warenbeschreibung einen Subcode laut EU-Richtlinie 2008/9/EG verwenden müssen oder nicht. Aus dem Dokument ist auch ersichtlich, ob und ab welchem Erstattungsbetrag dem Antrag ein Scan der Originalrechnungen beizufügen ist. Die Präferenzliste gibt auch Auskunft darüber, in welcher Sprache Firmen den Antrag stellen können und welche Vergütungszeiträume das jeweilige Land akzeptiert. Unternehmen sollten vor jedem Vorsteuer-Vergütungsantrag prüfen, ob eine neue Version der Präferenzliste existiert. Denn in den Vorgaben der Mitgliedsstaaten können sich aufgrund neuer Gesetze oder Urteile wichtige Details ändern.

Die Wirtschaftswelt außerhalb der EU

Anders verhält es sich, wenn Firmen Geschäfte in Staaten außerhalb der EU machen. Nicht mit jedem Drittstaat besteht eine "Gegenseitigkeitsvereinbarung", die eine Vorsteuervergütung ermöglicht. Steuerzahler können sich auf dem Onlineportal des BZSt ein Verzeichnis der Länder herunterladen, die eine Vergütung erlauben. Dazu zählen etwa die USA, Norwegen, und die Schweiz. Unternehmen müssen in solchen Fällen die Erstattung bis zum 30. Juni des Folgejahres - meist in Papierform - direkt im Erstattungsstaat beantragen. Ei­ne Liste der jeweils zuständigen Behörden sowie Antragsformu­lare finden Steuerzahler eben­falls auf der Website des BZSt. Grundsätzlich gilt bei allen An­tragstellungen innerhalb der Eu­ropäischen Union und im EU-Ausland: Unternehmer sollten immer genau auf die Vollständig­keit der eingereichten Unterla­gen achten. Fehlende Seiten von Rechnungen oder Anlagen kön­nen sie in der Regel nicht mehr nachreichen.

Quelle: Baumagazin

Korrespondenz mit:

Jennifer Telle
Steuerberaterin
Tel.: 02166 971-0
Fax: 02166 971-200
E-Mail: jtelle@wws-mg.de

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