12.2018
Vorsteuervergütung richtig beantragen
Bei Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen im Ausland holen sich Unternehmen die Umsatzsteuer dort in vielen Fällen zurück. Worauf dabei Verantwortliche im Rechnungswesen achten, erklärt die Steuerberaterin Jennifer Telle von der Kanzlei WWS in Mönchengladbach.
Mit der fortschreitenden Globalisierung werden immer mehr Firmen im Ausland aktiv. In steuerlicher Hinsicht müssen Geschäftsleute dabei einige Besonderheiten beachten. Beispielsweise können sich umsatzsteuerpflichtige Unternehmen die Vorsteuer aus Rechnungen ausländischer Geschäftspartner nicht einfach im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung erstatten lassen. Wie Steuerberaterin Jennifer Telle von der Kanzlei WWS Wirtz, Walter, Schmitz in Mönchengladbach erläutert, haben sie dagegen die Möglichkeit, im EU-Ausland und in vielen Drittstaaten eine Rückzahlung zu beantragen.
Onlineplattform nutzen
Die Crux: Von Fall zu Fall können die dafür geltenden Regelungen sehr unterschiedlich sein. "Unternehmen sollten sich mit den Vorgaben des Erstattungsstaates eingehend vertraut machen. Schon bei kleinen Abweichungen kann der Anspruch auf Vergütung der Vorsteuer verloren gehen", rät Telle. Innerhalb der Europäischen Union ist die Vorsteuervergütung durch die EU-Richtlinie 2008/9/EG geregelt. Sie besagt, dass Unternehmen ihren Erstattungsantrag mit allen erforderlichen Belegen ausschließlich per Datenfernübertragung in ihrem Heimatland einreichen müssen. "Eine Übermittlung von Unterlagen per Post oder E-Mail ist nicht zulässig", erläutert die Fachfrau. In Deutschland stellt der Fiskus für die Beantragung eine Online-Plattform beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zur Verfügung. Steuerzahler erwerben hier oder alternativ über das Elster-Online-Portal ein für den Vorgang erforderliches Softwarezertifikat. "Unternehmen müssen die gezahlte Umsatzsteuer für den betreffenden Vergütungszeitraum selbst berechnen und den Antrag bis zum 30. September des Folgejahres an das BZSt übermitteln", führt Telle aus. Dieses leitet korrekt gestellte Anträge innerhalb von 15 Tagen an den Erstattungsstaat weiter. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Firmen einen Nachweis hinsichtlich der Unternehmereigenschaft und der Steuerpflicht vorlegen. Ein entsprechendes Dokument beantragen sie bei ihrem Finanzamt.
Bescheinigung auf Form prüfen
Die Finanzbeamten müssen dabei laut Telle die Vorgaben eines aktuellen Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) einhalten (Az. III C 3 – S 7359/10/10002). Firmen sollten sicherheitshalber prüfen, ob die Bescheinigung dem BMF-Vordruckmuster genau entspricht. "Andernfalls gilt der Antrag nämlich womöglich als nicht eingereicht." Verstreiche in der Folge die Einreichungsfrist, sei eine Vergütung nicht mehr möglich. Das Schreiben mit Vordruckmuster laden Steuerzahler auf der Webseite des BMF herunter. Ob Unternehmen überhaupt einen Vergütungsantrag stellen können, hängt vom Umsatzsteuervolumen ab. "Der Erstattungsbetrag darf 50 Euro nicht unterschreiten. Beträgt der Vergütungsbetrag mindestens 400 Euro, kann der Unternehmer auch einen Antrag für mindestens drei Monate stellen", erläutert Telle.
Vierstelliger Code und Länderspezifika
Auch bei der Bearbeitung der Antragsformulare müssen Unternehmer nach Angaben der Steuerberaterin einiges beachten. So müsse EU-weit die Beschreibung der Geschäftstätigkeit gemäß EU-Verordnung 1893/2006/EG in Form eines vierstelligen Codes erfolgen. Halten sich Antragsteller nicht genau daran, drohe eine Ablehnung der Vorsteuervergütung.
Ungleich länger ist die Liste der Vorgaben, die je nach EU-Staat variieren können. Die jeweiligen Länderspezifika gehen aus der sog. Präferenzliste der EU-Mitgliedsstaaten hervor. Unternehmer laden die Liste auf dem Internetportal des BZSt herunter. Sie gibt etwa Aufschluss darüber, ob Firmen bei der Warenbeschreibung einen Subcode laut EU-Richtlinie 2008/9/EG verwenden müssen oder nicht. Aus dem Dokument ist auch ersichtlich, ob und ab welchem Erstattungsbetrag dem Antrag ein Scan der Originalrechnungen beizufügen ist. Ferner gibt die Präferenzliste Auskunft darüber, in welcher Sprache Firmen den Antrag stellen können und welche Vergütungszeiträume das jeweilige Land akzeptiert. "Unternehmen sollten vor jedem Vorsteuer-Vergütungsantrag prüfen, ob eine neue Version der Präferenzliste existiert", empfiehlt Telle. In den Vorgaben der Mitgliedsstaaten könnten sich aufgrund neuer Gesetze oder Urteile wichtige Details geändert haben.
Auf Vollständigkeit der Unterlagen achten
Anders verhält es sich, wenn Firmen Geschäfte in Staaten außerhalb der EU machen. Nicht mit jedem Drittstaat besteht eine sog. Gegenseitigkeitsvereinbarung, die eine Vorsteuervergütung überhaupt erst ermöglicht. Steuerzahler laden sich auf dem Onlineportal des BZSt ein Verzeichnis der Länder herunter, in denen eine Vergütung möglich ist. Dazu zählen etwa die USA, Norwegen und die Schweiz. "Unternehmen müssen in solchen Fällen die Erstattung bis zum 30. Juni des Folgejahres – meist in Papierform – direkt im Erstattungsstaat beantragen", sagt die Steuerberaterin. Eine Liste der jeweils zuständigen Behörden sowie Antragsformulare finden Steuerzahler ebenfalls auf der Website des BZSt. Grundsätzlich gelte bei allen Antragstellungen innerhalb der Europäischen Union und im EU-Ausland: Unternehmer sollten immer genau auf die Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen achten. Fehlende Seiten von Rechnungen oder Anlagen können sie in der Regel nicht mehr nachreichen.
Quelle: GFF
Korrespondenz mit:
Jennifer Telle
Steuerberaterin
Tel.: 02166 971-0
Fax: 02166 971-200
E-Mail: jtelle@wws-mg.de
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