05.2018

Vorsicht bei Finanzspritzen von Gesellschaftern

Ein Urteil verschärft die steuerlichen Rahmenbedingungen für Gesellschafterdarlehen sowie -bürgschaften. Gläubiger können Ausfälle oft nicht mehr geltend machen. Was Gesellschafter wissen sollten und welche Auswege bleiben, erläutert Dr. Ulrich Viefers von der Kanzlei WWS.

Für mittelständische Unternehmen ist der Weg zu frischem Kapital oft steinig. Sie müssen für einen klassischen Bank­kredit meist hohe Hürden überwinden. Auf der Suche nach alternativen Finan­zierungsmodellen ziehen nicht wenige die Finanzkraft ihrer Gesellschafter in Betracht. Doch für derlei Kreditgeber ist diese Variante mit Risiken behaftet, ins­besondere wenn die Firma in die Insol­venz gerät.

Gesellschafterdarlehen prüfen

Ein neueres Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) verschärft die Gefahren für Gläubi­ger. „Kommt es zu Forderungsausfällen, versagt der Fiskus nun meist die steuerli­che Anerkennung der Verluste", erläutert der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. Ulrich Viefers von der Kanzlei WWS in Mönchengladbach. Unternehmen sollten Gesellschafterdarlehen & Co. daher jetzt dringend auf den Prüfstand stellen und bei Bedarf nachbessern. Dabei sollten Firmen auch mögliche Finanzierungsal­ternativen in Betracht ziehen. So können Gesellschafter drastische steuerliche Nachteile vermeiden.

GmbH unterliegen bei der Einlage und dem Erhalt von Eigenkapital strengen Vorgaben. Schließlich will der Gesetzge­ber Kunden und Gläubiger vor Zahlungs­ausfallen schützen. Dabei hat er auch an Konstellationen ge­dacht, in denen Gesellschafter ihrer Fir­ma in der Krise ein Darlehen gewähren oder für sie eine Bürgschaft übernehmen. Laut dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) werden solche Finanzspritzen im Insolvenzfall wie Eigen­kapital behandelt und daher auch Nach­rangdarlehen genannt. „Das bedeutet: Bevor nicht die Forderungen aller anderen Gläubiger vollständig erfüllt sind, sieht der Gesellschafter sein Geld nicht wie­der", betont Viefers.

Steuervorteil bei Forderungsausfall entfällt

Die Rechtsprechung verschärft diesen Nachteil jetzt noch: Bislang profitierten Gesellschafter von einer steuerlichen Be­sonderheit. Sie konnten den Ausfall von eigenkapitalersetzenden Finanzierungs­hilfen immerhin noch als so genannte „nachträgliche Anschaffungskosten" steuermindernd geltend machen. Damit ist laut einem neueren BFH-Urteil jetzt Schluss (Az. IX R 36/15).

Die Entscheidung betrifft sowohl den Ausfall von Darlehen als auch Inan­spruchnahmen aus einer Gesellschafter­bürgschaft sowie den Ausfall einer Bürg­schaftsregressforderung - sofern diese nach dem 27. September 2017 geleistet wurden. „Alle diese Fälle werden künftig in den Fokus der Betriebsprüfung geraten. Werden die Prüfer fündig, drohen Gesell­schaftern saftige Steuernachzahlungen", betont der Experte. Eine Ausnahme ge­währt der Fiskus nur, wenn eine vom Teil­haber gewährte Fremdkapitalhilfe einer Einlage gleichkommt, etwa wenn vertrag­lich ein Rangrücktritt vereinbart wurde.

Ein weiteres BFH-Urteil eröffnet be­troffenen Gesellschaftern aber womög­lich ein Trostpflaster (Az. VIIIR 13/15). Die Richter sind der Ansicht, dass der Ausfall einer Kapitalforderung für Privatleute zu negativen Einkünften nach dem Einkom­mensteuergesetz führen kann und somit zu einem steuerlich relevanten Verlust. Dieses Urteil betrifft sämtliche Fälle seit der Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009.

Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich weitere Rückzahlungen aus­schließen lassen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde. Die bloße Insolven­zeröffnung über das Vermögen des Kreditnehmers reicht dagegen nicht aus. Bis ein Verfahren vollständig ab­gewickelt ist, können unter Umständen Jahre ins Land gehen. So lange können Gesellschafter ihren Ausfall steuerlich nicht geltend machen.

Rechtsprechung birgt weitere Risiken

„Zum Thema Gesellschafterdarlehen ist das letzte Wort noch nicht gespro­chen ”, sagt Viefers in GFF, „weitere wegweisende Urteile sind zu erwarten. Dies gilt etwa für die Frage, welche Wechselwirkung die genannten BFH-Urteile entfalten." Das Zusammenspiel der beiden Entscheidungen bezüglich der steuerlichen Anerkennung von For­derungsausfällen eines Gesellschafters gegen seine GmbH ist noch nicht abschließend geklärt. Abgesehen von den ohnehin schon gegebenen Risiken birgt die künftige Rechtsprechung für Ge­sellschafter weitere Unwägbarkeiten. Die aktuelle Rechtslage mahnt zu be­sonderer Umsicht bei der Kapitalbe­schaffung, sagt der Steuerberater. „Fir­men sollten bestehende Gesellschaf­terdarlehen und -bürgschaften kritisch überprüfen".

Künftig kommen vorrangig Fi­nanzierungsalternativen in Betracht. Dazu zählt die offene Einlage, bei der Gesellschafter in das haftende Kapital des Unternehmens einzahlen. Auch die verdeckte Einlage kann sinnvoll sein. Dabei verzichtet der Gesellschafter auf eine zum Zeitpunkt des Verzichts wert­haltige Forderung. Bei einer Liquidati­on der Gesellschaft oder Veräußerung von Anteilen führen beide Varianten zu nachträglichen Anschaffungskosten, die sich steuermindernd auswirken.

Finanzierungsalternative: Familiendarlehen

Eine lohnende Finanzierungsalterna­tive stellen für den Steuerexperten Darlehen von Familienangehörigen dar. Der Vorteil: Firmen können solche Kredite im Vorfeld eines Insolvenzver­fahrens gefahrlos an die Gläubiger zu­rückzahlen. „Vorsicht ist allerdings bei Geldspritzen von Ehegatten geboten. Das Finanzamt kann sie unter Umstän­den als eigenkapitalersetzend ansehen, wodurch die aktuelle BFH-Rechtsprechung zum Gesellschafterdarlehen greift", betont der Experte. In jedem Fall gilt daher: Gesellschafter sollten immer mit ihrem steuerlichen Bera­ter abklären, welches Finanzierungs­modell den speziellen Umständen am besten Rechnung trägt und dazu dient, etwaige Risiken weitestgehend zu ver­meiden.

Quelle: GFF

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Ulrich Viefers
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

 

Zurück

Auf dem neuesten Stand

Unser Mitarbeiter befassen sich für unsere Mandanten laufend mit aktuellen Themen aus

Wirtschaftsprüfung ›

Wirtschaftsprüfung

Unsere Wirtschaftsprüfer prüfen auch Ihren Jahresabschluss, implementieren Risikofrüherkennungs- und Kontrollsysteme, achten auf Compliance Regeln und haben aktuelle Entscheidungen fest im Blick.

Steuerberatung ›

Steuerberatung

Unsere Steuerberater informieren unsere Mandanten laufend über steuerrelevante Neuigkeiten: neue Unterstützungsangebote, geänderte Antragsfristen, außergewöhnliche Gestaltungsmöglichkeiten u. v. m.

Rechtsberatung ›

Rechtsberatung

Welche Entscheidungen haben welche Auswirkungen auf Ihr Geschäft? Unsere Rechtsberatung informiert unsere Mandanten laufend über Änderungen in verschiedenen für sie relevanten Rechtsgebieten.

Kanzleizeitschrift

Laden Sie sich hier unsere aktuelle Kanzleizeitschrift "WegWeiSer" herunter.

Archiv