Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 sieht eine deutliche Erhöhung der Erbschaft- und Schenkungsteuer für viele Immobilien ab dem 1. Januar 2023 vor. Der Anstieg könnte bis zu 50 Prozent betragen, fürchten Experten. Gestaltungsspielräume bestehen daher nur noch bis Ende des Jahres.
Das Jahressteuergesetz 2022, das Ende des Jahres in Kraft treten soll, bringt für Steuerpflichtige einige Erleichterungen. Dazu gehören beispielsweise die Einführung einer Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen oder auch der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023. Aber wo Licht, ist auch Schatten. Denn das Jahressteuergesetz könnte das Erben von Immobilien bald richtig teuer machen!
Vorgesehen sind beispielsweise Änderungen für die Anwendung beim Ertragswertverfahren. Dazu gehören Änderungen bei der Ermittlung der Bewirtschaftungskosten und der Höhe des Liegenschaftszinssatzes. Auch soll die bisherige pauschale Wertermittlung der Bewirtschaftungskosten auf Basis eines Prozentsatzes der Jahresmiete entfallen. Bei Anwendung des Sachwertverfahrens wird die bisherige Ermittlung des Gebäudesachwerts aufwendiger. Auch der sogenannte Regionalfaktor soll steigen. Bisher liegt der Sachwertfaktor je nach Region und Immobilie bei 0,9 bis 1,1, künftig soll er 1,3 bis 1,5 betragen.
Zwangsläufig höhere Schenkung- oder Erbschaftsteuerpflichten
Alles in allem werden die Gesetzesanpassungen die Regelungen zur Bewertung von Immobilien verändern und in der Regel zu höheren Werten führen. Das bedeutet, dass Immobilien bei Schenkung, Erwerb von Todes wegen oder im Falle eines Vermächtnisses mit einem höheren Wert anzusetzen sind als nach den jetzigen Regelungen. Damit wird es zwangsläufig zu höheren Schenkung- oder Erbschaftsteuerpflichten kommen, weil die gesetzlichen Steuerfreibeträge deutlicher überschritten werden, beziehungsweise es wird Schenkung- oder Erbschaftsteuer überhaupt erst aufgrund der Neuregelungen fällig, sind doch die Werte vieler Immobilien noch durch die bisherigen Regelungen häufig von den steuerlichen Freibeträgen gedeckt (500.000 Euro für Ehegatte, 400.000 Euro für jedes Kind).
Immobilienwerte für steuerliche Zwecke möglichst am „gemeinen Wert“ feststellen
Bei Wohnhäusern und Eigentumswohnungen dürfte der Anstieg „leicht bei 20 bis 30 Prozent“ liegen, schätzt der Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Bei bestimmten, insbesondere (teil-)gewerblich genutzten Immobilien droht wegen der sich ändernden Wertermittlung sogar eine Verdoppelung, meldet die „WirtschaftsWoche“. Hintergrund des drohenden Anstiegs der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist eine veränderte steuerliche Bewertung von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern unter dem Passus „Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung“. Das heißt, es kann einen Unterschied in der Höhe eines fünf- oder sogar sechsstelligen Betrags ausmachen, ob eine Immobilie vor oder nach dem 1. Januar übertragen wird. Kurz gesagt würde die Gesetzesänderung dazu führen, dass Immobilienwerte auch für steuerliche Zwecke möglichst nahe am „gemeinen Wert“ festgestellt werden müssten, also an einem Wert, wie er beispielsweise bei einem Verkauf zu realisieren wäre. Gerade unter dem Eindruck der Immobilienpreis-Rallye der vergangenen Jahre ist das ein Risiko.
Für kurzfristige Gestaltungen ist Eile geboten
Welche Spielräume bestehen also noch in den letzten sechs Wochen des Jahres? Vor allem geht es darum, den alle zehn Jahre zur Verfügung stehenden Steuerfreibetrag geltend zu machen. Durch eine Nutzung dieser persönlichen Freibeträge lassen sich Übertragungen sinnvoll gestalten und Steuerbomben verhindern – gerade mit Blick auf die derzeit noch niedrigeren Bewertungen. Durch eine Übertragung vor dem 1. Januar 2023 unter Ausnutzung der persönlichen Freibeträge kann die Steuerbelastung maßgeblich reduziert oder, je nach Wert, sogar gänzlich vermieden werden. Dafür ist aber eben Eile geboten, denn viele Notare werden bereits mit Anfragen für Beurkundungsterminen überhäuft. Gestaltungen mit Blick auf die Steuerreduzierung sollten nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden.
Wertgutachten gegen behördliche Falschbewertung erstellen lassen
Die Alternative bei einer langfristigen Gestaltung ist, eine Gutachtenbewertung durchzuführen, um die Wertermittlung durch die Finanzbehörden zu widerlegen. Meist erfolgt diese Bewertung aus dem Büro heraus, ohne das Grundstück oder die Immobilie zu besichtigen, sodass durch die Anwendung der Berechnungsmethoden gemäß Bewertungsgesetz im Einzelfall erhebliche Falschbewertungen für die Erbschaft- beziehungsweise Schenkungssteuer entstehen können. Der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes durch ein Sachverständigengutachten kann also ebenso dabei helfen, die Steuerlast auch nach der Neuregelung ab 1. Januar 2023 zu reduzieren, doch auch dieses sollte mit Blick auf die konkreten Gestaltungen in der Immobilien-Vermögensnachfolge zeitig in Auftrag gegeben werden, um beispielsweise bei der Begründung eines Einspruchs gegen den Steuerbescheid zur Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer vorzuliegen.
Finanzberater und Vermögensverwalter sollten diese gesetzlichen Anpassungen und deren Folgen daher dringend im Blick behalten, um ihre Mandanten auch bei der Assetklasse Immobilien zukunftsorientiert begleiten zu können.
Quelle: finanzwelt
Korrespondenz mit:
Dr. Stephanie Thomas
Geschäftsführerin,
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Steuerberaterin,
Fachanwältin für Steuerrecht
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