07.2013

Teurer Freundschaftsdienst

Steuerfalle Privatkredit

Wer sich einen Kredit im Bekanntenkreis sichert, anstatt zur Bank zu gehen, spart in der Regel Zinsen. Aber Vorsicht: In vielen Fällen grätscht das Finanzamt dazwischen. Steuerexpertin Stephanie Thomas erläutert das Problem - und die Lösung.

mm: Frau Thomas, dass sich Leute im Bekanntenkreis Geld leihen, kommt immer wieder vor. Sie sagen, dabei drohe eine böse Steuerfalle. Warum?

Thomas: Bei solchen privaten Darlehensgeschäften werden häufig keine oder nur sehr geringe Zinssätze vereinbart. Das führt dazu, dass das Finanzamt in diesen Fällen von Schenkungen ausgehen kann. Mögliche Zinseinnahmen, auf die dabei verzichtet wird, gelten dann buchstäblich als verschenkt. Darauf kann Schenkungsteuer erhoben werden.

mm: In welchen Fällen ist das so?

Thomas: Privatdarlehen an Ehepartner, Kinder oder Enkel sind meistens unproblematisch, denn der Gesetzgeber räumt hier hohe Freibeträge von 200.000 Euro bis 500.000 Euro bei der Schenkungsteuer ein. Aber schon bei Privatdarlehen an andere Verwandte wie Großeltern, Eltern oder Geschwister sowie an Nichtverwandte ist erhöhte Vorsicht gefragt. Dort liegt der persönliche Freibetrag nur bei 20.000 Euro - und zwar für alle Schenkungen innerhalb von zehn Jahren.

mm: Das heißt?

Thomas: Das Finanzamt setzt einen fiktiven Zinssatz von 5,5 Prozent pro Jahr an, der eigentlich hätte vereinbart werden müssen. Wenn die Zinslast, die bei einem Darlehen unter Verwendung dieses Zinssatzes innerhalb von zehn Jahren zusammenkommt, den Freibetrag von 20.000 Euro überschreitet, kann der Fiskus für die Schenkung des Darlehensgebers an den Darlehensnehmer Schenkungsteuer erheben.

mm: Mit der Folge?

Thomas: Es würde der entgangene Zinsertrag berechnet und mit Schenkungssteuer belegt. Für die Steuerzahlung kann das Finanzamt sowohl den Beschenkten als auch den Schenker zur Kasse bitten.

mm: Wie hoch liegt der Steuersatz der Schenkungsteuer derzeit?

Thomas: Hier gibt es keinen einheitlichen Satz. Der Steuersatz ist vielmehr abhängig von dem Verwandtschaftsverhältnis und dem Wert des Erwerbs. Der niedrigste Satz beträgt 7 und der höchste 50 Prozent.

mm: Haben Sie ein Zahlenbeispiel, an dem sich das Risiko aufzeigen lässt?

"Über den Zinssatz wird gegenwärtig vor Gericht gestritten"

Thomas: Nehmen wir an, Sie geben Ihrer Tante ein unverzinsliches Darlehen von 50.000 Euro über einen Zeitraum von acht Jahren. In dem Fall würden sie schon Gefahr laufen, den Freibetrag zu überschreiten, denn die Zinslast betrüge bei den fiktiven 5,5 Prozent Zinsen 22.000 Euro - ohne Berücksichtigung von Zinseszinsen. In diesem Fall wäre der Schenkungsteuersatz 30 Prozent. Die Folge wäre, dass Sie oder Ihre Tante letztlich mit einer Forderung von mindestens 600 Euro Schenkungssteuer konfrontiert würden.

mm: Welche Auswege gibt es?

Thomas: Die Finanzbehörden gehen bei Privatdarlehen mit einem Zinssatz von bis zu 3 Prozent regelmäßig von einer Schenkung aus. Darlehensgeber sollten im Familienkreis sicherheitshalber einen höheren, realistischen Zins vereinbaren.

mm: Die Zinsannahmen erscheinen allerdings im aktuellen Marktumfeld ein wenig ambitioniert. Baukredite beispielsweise gibt es bereits ab 2,5 Prozent pro Jahr.

Thomas: Darüber, wie rechtmäßig die Annahme eines Darlehenszinses von 5,5 Prozent ist, wird tatsächlich gegenwärtig vor Gericht gestritten. Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Münster (Anm. d. Red.: Az. 3 K 3819/10) bekräftigt zwar erneut die Sicht der Finanzbehörden. Allerdings wurde Revision zugelassen. Nun muss der Bundesfinanzhof unter anderem darüber entscheiden, ob der gesetzliche Zinssatz von 5,5 Prozent rechtmäßig ist, wenn der marktübliche Zinssatz nachweislich deutlich geringer ausfällt (Anm. d. Red.: Az. II R 25/12).

mm: Was raten Sie Betroffenen?

Thomas: Wer mit Privatdarlehen in das Visier der Finanzbehörden gerät, sollte sich mit seinem Steuerberater kurzschließen und dagegen zur Wehr setzen. Betroffene sollten geringere Marktkonditionen heranziehen und auf das anhängige Verfahren am Bundesfinanzhof verweisen. Und wer Darlehen von Privat an Privat neu vereinbart, sollte vorher steuerlichen Rat einholen, um alle Fallstricke von vornherein zu umgehen.

Quelle: manager magazin

 

Korrespondenz mit:

Dr. Stephanie Thomas

Dr. Stephanie Thomas
Rechtsanwältin / Steuerberaterin
Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
Fax: 02166 971-200
E-Mail: sthomas@wws-mg.de

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