06.2012
Steuerbescheide: Besteht eine längere Einspruchsfrist?
Bislang fehlt auf Steuerbescheiden der Hinweis, dass ein Einspruch auch per E-Mail erfolgen kann. Laut Rechtsanwältin Stephanie Thomas verlängert sich dadurch die Einspruchsfrist womöglich auf ein Jahr.
Falsche Einträge, vergessene Positionen oder Streichungen aufgrund einer abweichenden Rechtsauffassung: Erfahrungsgemäß sind rund 30 Prozent der Steuerbescheide fehlerhaft. Grund genug, alle Bescheide genau zu kontrollieren und sich bei Unstimmigkeiten zur Wehr zu setzen. Dafür bleibt Steuerzahlern nach Zugang eines Steuerbescheids ein Monat Zeit – so lange dauert die gesetzliche Einspruchsfrist.
Möglicherweise begehen die Finanzbehörden im Kleingedruckten der Steuerbescheide einen Formfehler, der die Einspruchsfrist für Steuerzahler deutlich verlängert. Das Problem: Gegenwärtig enthalten die standardmäßig verwendeten Rechtsbehelfsbelehrungen keinen Hinweis auf die Einspruchseinlegung per E-Mail. Und dies, obwohl die Finanzämter mit Angabe der E-Mail-Adresse die Möglichkeit zu dieser Form der Einspruchseinlegung eröffnen.
Das Niedersächsische Finanzgericht vertritt in einem aktuellen Urteil die Überzeugung (Az. 10-K-275/11), dass die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist. Die E-Mail sei keine Unterform der Schriftform, so dass der Hinweis auf die schriftliche Einlegung des Einspruchs nicht ausreiche. Sollte sich diese Rechtsansicht durchsetzen, verlängert sich die Möglichkeit zur Einspruchseinlegung von einem Monat auf ein Jahr. Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanz-hof, bei dem ein Revisionsverfahren anhängig ist (Az. X-R-2/12).
Welche Chancen tun sich auf? Auch scheinbar bestandskräftige Steuerbescheide lassen sich möglicherweise noch anfechten. Unter Umständen lohnt es sich, alle Steuer- oder Änderungsbescheide der zurückliegenden zwölf Monate auf den Prüfstand zu stellen. Wenn Steuerbescheide fehlerhaft sind, sollten Steuerzahler unter Hinweis auf die erstinstanzliche Rechtsprechung auch nach vermeintlichem Ablauf der Einspruchsfrist noch Einspruch einlegen.
Korrespondenz mit
Dr. Stephanie Thomas
Rechtsanwältin / Steuerberaterin
Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
Fax: 02166 971-200
E-Mail: sthomas@wws-mg.de
Quelle
Auf dem neuesten Stand
Unser Mitarbeiter befassen sich für unsere Mandanten laufend mit aktuellen Themen aus
Wirtschaftsprüfung ›
Unsere Wirtschaftsprüfer prüfen auch Ihren Jahresabschluss, implementieren Risikofrüherkennungs- und Kontrollsysteme, achten auf Compliance Regeln und haben aktuelle Entscheidungen fest im Blick.
Steuerberatung ›
Unsere Steuerberater informieren unsere Mandanten laufend über steuerrelevante Neuigkeiten: neue Unterstützungsangebote, geänderte Antragsfristen, außergewöhnliche Gestaltungsmöglichkeiten u. v. m.
Rechtsberatung ›
Welche Entscheidungen haben welche Auswirkungen auf Ihr Geschäft? Unsere Rechtsberatung informiert unsere Mandanten laufend über Änderungen in verschiedenen für sie relevanten Rechtsgebieten.