06.2015

Mindestlohngesetz definiert strenge Regeln für Praktika

Das Mindestlohngesetz definiert strenge Regeln für Praktika. Es lauern vielfältige Stolperfallen, doch bieten sich gleichwohl interessante Gestaltungsmodelle.

Praktika sind in der Arbeitswelt von zentraler Bedeutung. Unternehmen und Nachwuchskräfte lernen sich kennen und loten die Option auf eine dauerhaf­te Zusammenarbeit aus. Doch Vorsicht: Für Praktika gelten seit Jahresbeginn verschärfte Vorgaben. Die Planung und Durchführung von Praktika erfordert erhöhte Weitsicht. Insbesondere die Entlohnung und Praktikumsdauer müs­sen sorgfältig festgelegt werden. An­dernfalls drohen Unternehmen hohe Nachzahlungen und empfindliche Buß­gelder.

Grundsätzlich haben auch Praktikan­ten Anspruch auf den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Zu den praxisre­levantesten Ausnahmen zählen Pflicht - praktika, die im Rahmen einer Ausbil­dung, eines Studiums oder auf Anwei­sung einer Schule erfolgen. Auch bei freiwilligen Praktika, die der berufli­chen Orientierung dienen oder wäh­rend eines Studiums oder einer Ausbil­dung durchgeführt werden, kann die Mindestlohnpflicht entfallen. Unterneh­men sollten Anlass und Beweggründe für ein Praktikum immer dokumentie­ren. Dazu können sie sich etwa die Praktikumspflicht von der Bildungsein­richtung bestätigen lassen und das Do­kument zusammen mit der Studien­oder Ausbildungsordnung in der Perso­nalakte aufbewahren. In jedem Fall müssen Unternehmen darauf achten, ei­nen Praktikumsvertrag abzuschließen, der die wesentlichen Punkte festhält und dem Praktikanten vor Praktikums­beginn ausgehändigt wird.

Zentrale Voraussetzung für die Min­destlohnbefreiung bei freiwilligen Prak­tika ist, dass sie maximal drei Monate dauern. Wird die Höchstdauer auch nur geringfügig überschritten, ist ab dem ersten Praktikumstag rückwirkend der Mindestlohn fällig. Allzu kurze Praktika sind in der zunehmend komplexen Be­rufswelt für Unternehmen und Prakti­kanten selten sinnvoll. Schnell vergehen einige Wochen, bis der Praktikant sich einarbeitet und einbringen kann. Hier eröffnet das Mindestlohngesetz Spiel­räume, die Beschäftigungszeit im selben Unternehmen auszudehnen. Dies ist auch für Praktikanten von Vorteil, wenn sie unabhängig von der Vergütung ei­nen hohen Nutzen im Praktikum sehen. Verschiedene Praktika lassen sich kom­binieren, sodass Praktikanten theore­tisch über ein halbes Jahr lang ohne An­spruch auf Mindestlohn beschäftigt werden können.

Das Zusammen­legen von Praktika unterliegt aber en­gen Grenzen. Mög­lich sind zwei aufei­nander folgende Pflichtpraktika, wenn der Lehrplan einer Bildungsein­richtung zwei Pflichtpraktika vor­sieht. Auf ein frei­williges Orientie­rungspraktikum kann ein Pflicht­praktikum oder ein freiwilliges ausbil­dungsbegleitendes Praktikum folgen. Vom Mindestlohn ausgenommen sind auch freiwillige ausbildungsbegleitende Praktika, wenn sie mit einem Pflicht­praktikum kombiniert werden. Bei allen anderen Kombinationen greift beim zweiten Praktikum die Mindestlohn­pflicht.

Auch ohne Mindestlohn haben Prak­tikanten Anspruch auf eine angemesse­ne Vergütung. Richtschnur sind die jährlich vom Bundesinstitut für Berufs­bildung veröffentlichten Ausbildungs­vergütungen. Ein Anspruch auf Vergü­tung entfällt nur in Ausnahmefällen. Dies kann dann gelten, wenn etwa ein Praktikant nur sehr kurz im Unterneh­men ist oder nur passiv am Arbeitspro­zess teilnimmt.

Laut Mindestlohngesetz steht der Er­werb praktischer Kenntnisse und Erfah­rungen im Vordergrund und nicht die Arbeitsleistung. Bereits aus der Stellen­ausschreibung sollte klar hervorgehen, dass das Praktikumsverhältnis auf die Wissensvermittlung abzielt. Über wiegt hingegen der wirtschaftliche Nutzen für das Unternehmen, wird aus dem Prakti­kum schnell ein verdecktes Arbeitsver­hältnis. Die Gefahr: Die Mindestlohn­befreiung entfällt. Unternehmen sollten von Praktikanten Lernpläne und Tätig­keitsberichte schreiben lassen, die den Bildungscharakter des Praktikums bele­gen. So können Unternehmen kriti­schen Nachfragen der Finanzbehörden begegnen.

Quelle: Taspo

 

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