11.2015

Im Duo Steuern sparen

DOPPELTE HAUSHALTSFÜHRUNG. Der Fiskus beteiligt sich an den Kosten, wenn Paare oder Singles berufsbedingt zwei Wohnungen halten. Doch die Finanzämter zeigen sich hier oft streng, und immer wieder kommt es zu Klagen. Wann Steuerzahler von der doppelten Haushaltsführung profitieren.

Manchmal verschlägt einen der Job sogar auf einen anderen Kontinent Petra Meier nutzte die Chance, für ihren Arbeitgeber drei Jahre lang in Mosambik zu arbeiten. Doch ihr Ehemann Sven wollte als Geschäftsführer einer GmbH nicht einfach seine Anstellung aufgeben. Dennoch entschloss sich das hessische Paar dazu, seinen Lebensmittelpunkt in den afrikanischen Staat zu verlegen und seine komfortabel ausgestattete Wohnung in Deutschland als Zweitwohnung zu deklarieren. Der Grund für diesen ungewöhnlichen Schritt Die beiden wollten Steuern sparen.

Die Rechnung schien aufzugehen: Bei der nächsten Einkommensteuererklärung konnte das Paar Kosten in Höhe von rund 12.000 Euro im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend machen. Das Finanzamt zog jedoch nicht mit, und man sah sich vor Gericht wieder. Im Mai 2015 hat der Bundesfinanzhof (Az. VIR 71/14) nun das letzte Wort gesprochen und klargemacht, dass auch er das Steuersparmodell so nicht akzeptiert Schließlich habe sich Sven Meier im Streitjahr gerade einmal 18 Tage in Afrika aufgehalten, sogar die Weihnachtsfeiertage verbrachte das Paar in Deutschland. Für die obersten Finanzrichter alles untrügliche Zeichen dafür, dass der Hauptwohnsitz der Meiers noch immer in Deutschland zu finden war. Damit wertete das Gericht die Aufenthalte des Mannes in Mosambik als Besuch, die Reisen der Frau nach Deutschland hin­gegen als Fahrten in die Heimat Der Fall zeigt: Bei der doppelten Haushaltsführung sind für die steuerliche Berücksichtigung die individuellen Umstände entscheidend. Es kommt also darauf an, wie oft der Steuerzahler sich am ersten oder zweiten Wohnsitz aufhält, wie die Räumlichkeiten jeweils ausgestattet sind und über wie viele Quadratmeter sie verfügen.

Die obersten Finanzrichter mussten schon häufig Urteile zu Detailfragen fällen - und die Zahl der Streitigkeiten rund um das Thema nimmt ständig zu. „Die Finanzämter prüfen immer genauer, ob alle Bedingungen zur doppelten Haushaltsführung erfüllt sind“, beobachtet auch Stefan Rattay, Steuerberater der Steuerberatergesellschaft WWS in Aachen. Clevere Betroffene müssen sich also auf den kritischen Blick des Fiskus akribisch vorbereiten.

Der Lebensmittelpunkt zählt

„Pendler müssen bei der doppelten Haushaltsführung immer belegen, wo ihr Lebensmittelpunkt liegt“, so Rattay. Das kann unter Umständen problematisch werden, denn grundsätzlich kommt es - wie auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Fall des Ehepaars Meier zeigt - auf die gesamten Lebensumstände der Steuerpflichtigen an. „Normalerweise ist der Lebensmittelpunkt dort zu finden, wo die persönlichen Bindungen am engsten sind“, sagt Rattay. In der Regel ist das unter jener Adresse, die gemeinsam mit der Hauptbezugsperson bewohnt wird. Der Bundesfinanzhof (Az. VI R 16/14) hat zwischenzeitlich aber auch bestimmt, wie zu verfahren ist, wenn die Eheleute während der Woche gemeinsam in der Zweitwohnung am auswärtigen Arbeitsort leben: Sogar dann muss das Finanz­amt noch alle Rahmenbedingungen genau unter die Lupe nehmen, bevor es zu einem Urteil kommt - gemeint sind eben die persönlichen Verhältnisse, die Ausstattung und die Größe der Haupt- beziehungsweise Zweitwohnung sowie die sozialen Kontakte der Betroffenen.

Noch kritischer sehen die Finanzbeamten bei Singles hin. Das zeigt beispielsweise ein Fall, der vor dem Finanz­gericht Hamburg landete (Az. 5 K 3/12): Die Klägerin lebte an ihrem Arbeitsort in einer fast 65 Quadratmeter großen Wohnung. Dafür machte sie Werbungskosten geltend mit der Begründung, eigentlich lebe sie noch in ihrem Eltern­haus. In dessen Umgebung wohnten schließlich auch ihre Verwandten und Freunde. Insgesamt 26-mal war sie in einem Jahr zwischen ihren beiden Wohnungen gependelt. Das war den Richtern zu wenig: Denn der Heimatort der Steuerzahlerin lag nicht einmal 60 Kilometer vom Arbeits­ort entfernt - ein Katzensprung also, und somit hätte es für die Steuerzahlerin kein Problem sein dürfen, noch öfter nach Hause zu fahren.

Das Urteil ist insofern interessant, als es den geltenden Lohnsteuerrichtlinien widerspricht. Danach haben Singles ihren Lebensmittelpunkt nämlich dort, wo sie mindestens zweimal im Monat außerhalb ihres Beschäftigungsorts hinfahren. Diese Vorgabe hatte die Klägerin eindeutig er­füllt. Aber, so die Auffassung der Richter, keine Regel ohne Ausnahme. Übrigens: Verheiratete müssen sich laut Lohn­steuerrichtlinien nur mindestens sechsmal im Jahr bei ih­rer Familie sehen lassen, damit die doppelte Haushaltsfüh­rung anerkannt wird.

Um nicht auch zum Ausnahmefall vor Gericht zu werden, zeigen clevere Alleinstehende deshalb dem Fiskus vonvornherein, dass sie enge persönliche Beziehungen am Erstwohnsitz pflegen - etwa zu Freunden und Verwandten. „Als Nachweis sozialer und kultureller Kontakte können Barabhebungen, Arztbesuche oder Einladungen zu Feiern am Heimatort dienen“, so Rattay. Vorteilhaft erscheinen auch Mitgliedschaften im Verein, die den Lebensmittel­punkt untermauern. Als Beleg für regelmäßige Wochenendfahrten bringen die Pendler zudem am besten detaillierte Aufstellungen über die Fahrtzeiten, Zugtickets, Tank­quittungen oder Inspektionsrechnungen ein. Unterm Strich heißt das also: Es bleibt dem Steuerzahler nichts anderes übrig, als dem Fiskus ausreichend Einblick ins Privatleben zu gewähren.

Besonders misstrauisch reagieren Finanzbeamte in der Regel, wenn Alleinstehende ihren Erstwohnsitz unter einem Dach mit Familie oder Freunden haben. Betroffene sollten dann zweifelsfrei nachweisen können, dass sie dort einen eigenen Hausstand unterhalten. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2014 (Az. VIB 38/14) geht das sogar mit Unterstützung von Zeugen. Ein Sohn hatte mehrfach das Finanzgericht gebeten, seinen Vater zu befragen. Die Richter lehnten das rigoros ab - zu Unrecht, meinte das oberste Finanzgericht.

Ältere Singles, die bei ihren Eltern wohnen, haben es dagegen einfacher. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (Az. VI R 76/13) handelt es sich um eine doppelte Haushaltsführung, wenn sie zwar in der Heimat keinen eigenen Hausstand mehr unterhalten, aber am Arbeitsort nur eine wenig komfortable Bleibe. Die Richter gehen davon aus, dass sich ältere Kinder an der Haushaltsführung ihrer Eltern - womöglich auch noch in puncto Pflege - stark beteiligen. Für Studenten, Auszubildende oder junge Arbeitnehmer hat das Urteil indes keine Bedeutung. Wennsie ihre Füße unter den Tisch der Eltern stellen, finanziert das Finanzamt das Hotel Mama nicht mit.

Seit 2014 existiert übrigens noch eine zwingende Voraussetzung dafür, dass die doppelte Haushaltsführung bei Ledigen anerkannt wird: Sie müssen sich mit mehr als zehn Prozent an den Kosten der monatlichen Haushaltsführung beteiligen, wenn sie mit jemanden zusammenwohnen. Ausgenommen sind nur Arbeitnehmer in den Steuerklassen III, IV oder V - hier gehen die Finanzbeamten ohne Wenn und Aber grundsätzlich von einer finanziellen Beteiligung aus. „Mitbewohner sollten sicherheitshalber einen schriftlichen Mietvertrag abschließen und die Mieten grundsätzlich überweisen, um alle Zahlungen per Kontoauszug dokumentieren zu können“, rät WWS-Steuerberater Rattay.

Höchstgrenze: 1.000 Euro

Ist die Zweitwohnung erst einmal anerkannt, lassen sich allerdings nicht alle Aufwendungen dafür unbegrenzt ab­setzen. Seit Anfang 2014 sind nur noch Unterkunftskosten bis monatlich 1.000 Euro als Werbungskosten absetzbar. Dazu zählen bei einer Mietwohnung neben dem monatlichen Miet-Obolus auch die Betriebs-, Renovierungs-, Reinigungskosten oder Rundfunkgebühren. Wer eine Eigen­tumswohnung am Arbeitsort besitzt, kann auch die Finanzierungskosten und die Gebäudeabschreibung abziehen.

Erfreulicherweise finanziert der Fiskus jede Woche eine Heimfahrt mit, außerdem die Fahrtkosten jeweils zu Beginn und zum Ende der doppelten Haushaltsführung bis hin zu Umzugskosten oder Verpflegungsmehraufwendungen für einen Zeitraum von drei Monaten. Familienheimfahrten bezuschusst die Finanzverwaltung mit 30 Cent pro Entfemungskilometer. Darüber hinaus akzeptiert das Fi­nanzamt Einrichtungs- oder Anschaffungskosten für beruflich genutztes IT-Equipment. Absetzbar sind auch die Maklerkosten - sie zählen zu den Umzugskosten, so der Bundesfinanzhof (Az. VIR 7/13).

Wem das alles zu viel Dokumentationsaufwand ist, der kann auch auf die eigenen vier Wände verzichten und am Arbeitsort die Woche über ein Hotelzimmer buchen. Doch vorsichtig, auch bei Übernachtungen in Hotels oder Pensi­onen steckt der Teufel im Detail: Das Finanzamt berück­sichtigt nur die Kosten für die reine Übernachtung. An den Kosten beispielsweise für das Frühstück beteiligt es sich dagegen nicht „Es lassen sich tatsächlich angefallene Un­terkunftskosten von bis zu 12.000 Euro pro Jahr absetzen“ sagt WWS-Experte Rattay und ergänzt: „Steuerzahler können nicht ausgeschöpfte Beträge auf andere Monate übertragen.“ Unter diesen Umständen kann ein Hotel als Bleibe am Arbeitsort durchaus als bezahlbare Alternative infrage kommen.

 

„Einspruch einlegen und den Weg zum Finanzgericht wagen“

Stefan Rattay, Steuerberater der Kanzlei WWS, über die größten Probleme der Steuerzahler mit der doppelten Haushaltsführung:

Die Regelungen zur doppelten Haushaltsführung sind nicht neu. Dennoch haben die Richter immer wieder über Detailfragen zu entscheiden. Was macht die Sache denn eigentlich so kompliziert?

Da es in der Regel um hohe Aufwendungen der Steuerzahler geht, sieht sich das Finanzamt gezwungen, ganz genau hinzusehen. Bei persönlichen Beziehungen und dem daraus abgeleiteten Mittelpunkt der Lebensinteressen handelt es sich teilweise um Tatsachen, von deren Existenz das Finanzamt erst einmal überzeugt werden muss.

Wann treten regelmäßig Probleme bei der Anerkennung der doppelten Haushaltsführung auf?

Schwierig wird es in allen Fällen, in denen die tatsächlichen Lebensumstände nicht mit dem typischen Fall einer doppelten Haushaltsführung vergleichbar sind. Dazu gehören etwa der Zweitwohnsitz eines Singles, die Wohnung im Elternhaus, geringe Entfernungen zur Erstwohnung oder die Lage beider Wohnungen innerhalb einer Gemeinde.

Wie gehen Pendler vor, wenn ihre doppelte Haushaltsführung vom Finanz­amt abgelehnt wird?

Die Lohnsteuerrichtlinien haben gegenüber den Finanzgerichten keine Bindungs­wirkung. Für die Praxis bedeutet dies, dass Steuerpflichtige nicht alle für sie ungünstigen Verwaltungsanweisungen akzeptieren, sondern auch einmal Einspruch einlegen und den Weg zum Finanzgericht wagen sollten.

 

Wichtige Urteile

Wann genau führt der Steuerpflichtige einen eigenen Haushalt? Die folgenden drei Entscheidungen helfen Betroffenen bei der Einordnung der eigenen Lebenssituation:

Eine eigene Küche muss nicht sein. Der Fiskus begnügt sich auch mit Mikrowelle und Kühlschrank. Genauso reicht es aus, wenn der Herd des Nachbarn mitbenutzt werden darf (BFH, Az. VIIIR13/09).

Die Sanitäreinrichtungen dürfen auch außerhalb der eigenen vier Wände liegen, sogar auf dem Flur - mitbenutzt von anderen Parteien (BFH, Az. VIR 82/02).

Stehen in der Wohnung der Eltern nur Kellerräume zur Verfügung, am Arbeitsort dagegen eine schöne Wohnung, handelt es sich nicht um eine doppelte Haus­haltsführung (Finanzgericht München, Az. 7 K 2308/07). Da helfen auch häufige Wochenendheimfahrten nicht, um den Fiskus umzustimmen.

 

Quelle: Steuer Spar Magazin

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Stefan Rattay
Geschäftsführer, Diplom-Finanzwirt (FH), Steuerberater, Fachberater für internationales Steuerrecht
Tel.: 0241 886 96-0
Fax: 0241 88696-11
E-Mail: srattay@wws-ac.de

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