02.2018

Haftungsrisiko "Gefährdungsbeurteilung"

Bei Arbeitsunfällen mit Personenschaden steht schnell das Thema "Haftung" im Raum. Häufig geht es dabei um die Frage, ob das Gefährungsrisiko für den betreffenden Bereich richtig ermittelt wurde. Rebekka DeConno, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht der Kanzlei WWS in Mönchengladbach, erläutert worauf es bei der Klärung besonders ankommt.

Beschäftigte im Baugewerbe sind in überdurchschnittli­chem Maße Gefahren ausge­setzt. Arbeitgeber sind dazu ver­pflichtet, dass Mitarbeiter auf der Baustelle die Rechtsvorschriften des Arbeitsschutzes einhalten. Bei Verstößen und daraus re­sultierenden Personenschaden kann die Berufsgenossenschaft VerantwortIiche bei fahrlässigem Verhalten in Regress nehmen.

Wurden jedoch die einschlä­gigen Vorschriften gemäß Be­triebssicherheitsverordnung, ge­setzlicher Unfallversicherung so­wie den technischen Regeln und Richtlinien der Fachverbände ein­gehalten, gestaltet sich die Haf­tungsfrage schwierig. Sofern sich der Arbeitgeber bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen an die technischen Regeln für Be­triebssicherheit des Bundesar­beitsministeriums für den betref­fenden Bereich (abrufbar unter baua.de/trbs) hält, dann gilt zu sei­nen Gunsten zunächst die wider­legbare Vermutung, dass er die Anforderungen der Betriebssi­cherheitsverordnung eingehal­ten hat. Der Gegenpartei bleibt aber die Möglichkeit, das Gegen­teil zu beweisen. Aussicht auf Er­folg hat eine Beweisführung in der Regel nur auf der Grundlage eines ausführlichen Sachverständigengutachtens.

Gefährdungsbeurteilung ordnungsgemäß durchgeführt?

Zentraler Ansatzpunkt ist in sol­chen Fallen die Frage, ob bezügIich der unfallrelevanten Tätig­keit die Gefährdungsbeurteilung nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes ordnungsgemäß durchge­führt wurde. Dabei sind Sachver­ständige auf nachvollziehbare Unterlagen des betreffenden Be­triebes angewiesen. Insofern werden Gutachter Zugriff auf alle verfügbaren Dokumente bean­spruchen. Bei nicht vollständiger oder fehlender Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung er­gibt sich bereits ein wichtiger Ansatzpunkt in Richtung nicht ordnungsgemäßer Durchfüh­rung. Wichtiger Prüfpunkt ist zu­nächst, ob die Gefährdungsbeur­teilung relevante Rechtsquellen wie Normen, Dokumente und arbeitsmedizinische Quellen be­rücksichtigt. Sind die Quellen nicht aufschlussreich, ergibt sich auch hier ein Anknüpfungspunkt, um der Unfallursache auf den Grund zu gehen.

Von zentraler Bedeutung ist die Frage, ob die Gefährdungsbe­urteilung und der daraus resultie­rende Maßnahmenkatalog in an­gemessener Weise zustande ge­kommen sind. Die Beantwortung erfordert eine genaue Plausibilitatsprüfung, für deren Handha­bung es jedoch keine offizielle Formvorgabe gibt. Qualifizierte Prüfkriterien enthält etwa die »Handlungsanleitung zur Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung« des Landerausschusses für Arbeitsschutz und Sicher­heitstechnik. Demnach ist etwa zu ermitteln, ob sicherheitsrele­vante Zusammenhänge zwi­schen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorgani­sation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe beurteilt wor­den sind.

Von Interesse ist auch die Fra­ge, ob auftretende Gefährdungen zutreffend ermittelt und beurteilt sowie Schutzmaßnahmen und VerantwortIiche für die Durchführung festgelegt wurden. Darüber hinaus ist festzustellen, ob die festgelegten Maßnahmen dem jeweiIs aktuellen Stand der Tech­nik entsprechen, umgesetzt und auf deren Wirksamkeit geprüft wurden.

Weiteres Gutachten

Kann der Sachverständige dem Arbeitgeber kein Verschulden nachweisen, wird ein weiteres Gutachten die Ursachen für den Unfall klären müssen. Denkbar ist etwa menschliches Versagen ei­nes Kollegen. Hat dieser erwiese­nermaßen vorsätzlich gehandelt, kann er für entstandene Perso­nenschäden haftbar gemacht werden. Möglich ist auch, dass dem Hersteller eingesetzter Ar­beitsmittel ein Produktmangel nachgewiesen werden kann. Dann kommt eine Regressforde­rung im Rahmen der Produkthaf­tung in Betracht. Nicht zuletzt kann eine Unfallursache auch in einer nicht ordnungsgemäß durchgeführten Gefährdungsbe­urteilung eines externen Sicher­heitsbeauftragten liegen. In sol­chen Fallen haftet der Dienstleis­ter im Rahmen des Auftragsverhältnisses.

Das Thema Gefährdungsbeurteilung ist eine komplexe Ange­legenheit, die sich hier nicht in al­len Facetten darstellen lässt. Be­troffene sollten immer auf Num­mer sicher gehen und fachIichen Rat einholen. Nur so ist gewähr­leistet, dass alle relevanten As­pekte Berücksichtigung finden und die Haftungsfrage angemes­sen geklart wird.

Quelle: Bausicherheit

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Rebekka De Conno
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht
Tel.: 02166 971-128
Fax: 02166 971-173
E-Mail: rdeconno@wws-mg.de

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