04.2019

Gut gewappnet in die Urlaubszeit

Mehrere aktuelle Gerichtsurteile zum Thema Urlaub ändern die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und -nehmern. Personalverantwortliche sollten sich jetzt mit der neuen Rechtssituation vertraut machen und ihr Uriaubsmanagement entsprechend anpassen.

Der Jahresurlaub gehört zu den wichtigsten Faktoren für die Work-Life-Balance. Denn Freizeit ist nicht nur für das individuelle Wohlbe­finden unverzichtbar, sondern auch für die Gesundheit. Dem trägt der Gesetzge­ber Rechnung und räumt der Urlaubsge­währung einen hohen Stellenwert ein. Jedoch ist das Arbeitsrecht mit neuen Ge­setzen und Gerichtsurteilen kontinuier­lich im Fluss.

Unternehmen haben es nicht leicht, immer auf dem neuesten Stand der Dinge zu sein und den strengen Anforderungen gerecht zu werden. Jetzt ist einmal mehr Aufmerksamkeit gefragt. Die Rechtspre­chung bringt für das Urlaubsmanagement wesentliche Änderungen mit sich. Firmen sollten die daraus resultierenden Vor- und Nachteile im Blickhaben und im Zweifels­fall rechtlichen Rat einholen.

Resturlaub

Für Konflikte sorgt immer wieder das Thema Resturlaub. Zwischen Arbeitge­bern und Mitarbeitern ist oft strittig, unter welchen Bedingungen Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr verfallen können. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellte nun klar, dass Unternehmen ihre Arbeitneh­mer klar und transparent darüber informieren müssen, wie viel Jahresurlaub noch besteht und wann der Anspruch darauf hinfällig ist (Aktenzei­chen: 9 AZR 541/15). Da Arbeitgeber die Beweislast tragen, sollte die Information immer schriftlich erfolgen. Firmen sollten sich von ihren Arbeitnehmern quittieren lassen, dass sie den Hinweis zur Kenntnis genommen und verstanden haben. Es empfiehlt sich, die Empfangsbestätigung zur Personalakte zunehmen.

Arbeitgeber sind nicht dazu verpflichtet, Mitarbeiter zwangsweise zu beurlau­ben. Jedoch müssen sie ihnen er­möglichen, ihren restlichen Urlaub zu nehmen. Ein Freibrief für Arbeitnehmer ist all dies jedoch keines­wegs. Nehmen sie trotz eines Hinweises vom Arbeit­geber den Resturlaub nicht in Anspruch, verfällt er grundsätzlich am Jahresende oder am Ende des Übertra­gungszeitraums.

Sonderurlaub

Je nach Lebenssituation können Mitarbeiter auf unbezahlten Sonderurlaub angewiesen sein. Aufgrund eines neuen BAG-Urteils dürften Arbeitgeber nun eher geneigt sein, eine Auszeit über einen längeren Zeitraum zu genehmigen (Aktenzeichen: 9 AZR 315/17). Die Richter gehen davon aus, dass Unternehmen bei der Berechnung der Urlaubsdauer Sonderurlaube berücksichtigen können. Die Begründung: Die Vertragsparteien haben während dieser Zeit ihre Hauptleistungspflichten vorübergehend ausgesetzt. Somit entsteht während des Sonderurlaubs kein regulärer Anspruch auf Urlaub. Arbeitgeber sollten Mitarbeiter vor der Genehmigung von Sonderurlaub schriftlich über diesen Sachverhalt informieren und sich die Kenntnisnahme beweissicher bestätigen lassen. Nur so können sie Missverständ­nisse bei der Urlaubsberechnung von vorneherein vermeiden.

Kurzarbeit

Kurzarbeit bringt für Arbeitnehmer Vor-und Nachteile mit sich. Einerseits ist die Arbeitsbelastung geringer als im Normal­betrieb. Andererseits haben sie am Monats­ende weniger Gehalt auf dem Konto und unter Umständen sinkt der Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs verschafft betroffenen Arbeitnehmern eine gewisse Entlastung (Aktenzeichen: C-385/17). Demnach haben sie während ihres unions­rechtlich garantierten Mindestjahres­urlaubs von vier Wochen Anspruch auf ihr normales Arbeitsentgelt, und zwar unge­achtet früherer Kurzarbeitszeiten.

Jedoch gilt: Die Dauer des Mindestjahres­urlaubs hängt von der tatsächlichen Ar­beitsleistung ab, die im betreffenden Zeit­raumerbracht wurde. Somit können Kurz­arbeitszeiten dazu führen, dass der Min­desturlaub weniger als vier Wochen be­trägt. Um Konflikte mangels Nachweis zu vermeiden, sollten Arbeitgeberdie tatsäch­lichen Arbeitszeiten genau dokumentieren. Firmen sollten in jedem Fall prüfen, ob ein Tarifvertrag einen nicht minderbaren An­spruch auf bezahlten Jahresurlaub gewährt. Dieser gilt in solchen Fällen unabhängig davon, ob die Arbeitszeit der Mitarbeiter wegen Kurzarbeit reduziert war.

Elternzeit

Arbeitstätige in Elternzeit sind für Unter­nehmen eine Herausforderung. Das Ar­beitsverhältnis bleibt bestehen und Firmen müssen übergangsswise für einen adäqua­ten Ersatzsorgen. Ein aktuelles BAG-Urteil dürfte unter Arbeitgebern für Erleichte­rung sorgen (Aktenzeichen: 9 AZR 362/18). Zwar befindet das Gericht, dass Mitarbeiter auch während der Elternzeit einen Ur­laubsanspruch erwerben. Im Gegensatz zum Mutterschutz oder Krankheitsfall können Firmen dann jedoch den Jahresur­laub kürzen, und zwar um ein Zwölftel je vollem Kalendermonat der Elternzeit. Vom Recht zur Kürzung ist nicht nur der gesetz­liche Mindesturlaub von vier Wochen, son­dern auch der vertragliche Mehrurlaub erfasst. Es sei denn, die Ver­tragspartner haben dafür eine abweichende Regelung vereinbart. Um Konflikten vorzubeugen, sollten Arbeitgeber die Urlaubskürzung vor Beginn der Elternzeit aussprechen, und zwar schriftlich. Befinden sich Arbeitnehmer bereits in Elternzeit, sollten Firmen die Kürzung umgehend nachholen. Ansonsten könnte bei einer Be­endigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer die Kürzung unter Um­ständen nicht mehr während der Kündi­gungsfrist möglich sein. Das Unternehmen müsste dann den Urlaubsanspruch beim Ausscheiden des Mitarbeiters auszahlen.

Todesfall

Bisher war strittig, wie Urlaubsansprüche Verstorbener zu handhaben sind. Das BAG hat nun entschieden, dass entsprechende Ansprüche eines Arbeitnehmers nicht mit seinem Tod verfallen (Aktenzeichen: 9 AZR 45/16). Die Erben haben damit ein Anrecht auf Auszahlung des nicht genommenen Jahresurlaubs. Dochdamit nicht genug: Ihnen steht gegen­über dem Arbeitgeber ein direkter Aus­kunfts- und Rechnungslegungsanspruch zu. Firmen sollten Urlaubsvergütungen nur an die Erben gemäß Erbschein auszahlen. Unternehmen sollten immer darauf beste­hen, dass ihnen die Erbberechtigten das Dokument im Original vorlegen.

Quelle: Verkehrsrundschau

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Rebekka De Conno
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht
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