05.2018

Grünes Licht vom Finanzamt

Fachkräftemangel, Tarifabschlüs­se, Mindestlohn: Viele Unterneh­men kämpfen mit steigenden Per­sonalkosten. Auf der Suche nach Ein­sparmöglichkeiten optimieren viele ihre Vergütungsmodelle, um Lohnsteuer und Sozialabgaben zu senken. Doch der Kre­ativität setzt der Fiskus strenge Grenzen. So manche Lösung erweist sich im Nachhinein folglich als Bumerang. Bei einer Betriebsprüfung drohen dann saf­tige Nachzahlungen samt Zinsen. Unter­nehmen sollten bei schwierigen Lohn­steuerfragen immer mit ihrem Finanz­amt vorab die steuerlichen Folgen abklä­ren. So verschaffen sich Firmenchefs Rechtssicherheit und nehmen sich aus der Lohnsteuer-Haftung.

Für Firmenlenker sind Kostenein­sparungen ein Dauerthema. Ein lohnen­der Ansatzpunkt sind die Löhne und Gehälter der Belegschaft. Zwar ist an Bruttolohn und Steuerklasse von Arbeit­nehmern in der Regel nicht zu rütteln. Jedoch kann eine Umwandlung von Tei­len des Entgelts in steuerfreie Extras die Abgabenlast spürbar senken. Beliebt sind in diesem Zusammenhang etwa Tankgutscheine, Beiträge zur betriebli­chen Altersvorsorge oder die Übernah­me von Kinderbetreuungskosten. Hier­von profitieren auch die Mitarbeiter durch einen steigenden Nettolohn.

Bei derlei Lohnoptimierung lau­ern einige Steuerfallen. Eine typische Fehlerquelle besteht darin, dass Perso­nalverantwortliche einzelne Komponen­ten des neuen Vergütungsmodells nicht ausreichend aufeinander abstimmen. Schnell ergeben sich kumulative Effekte, bei denen Freibeträge oder Freigrenzen nicht mehr eingehalten werden. Oder Firmen übersehen aktuelle Rechtsent­wicklungen und passen veraltete Kon­zepte nicht an. Wie lassen sich negative Konsequenzen aus solchen Fehlern ver­meiden? Im Rahmen der sogenannten Anrufungsauskunft können Arbeitgeber und -nehmer beim Finanzamt kostenlos eine rechtssichere Auskunft einholen. Antragsberechtigt sind auch die steuerli­chen Berater, mit denen ohnehin eine enge Abstimmung erfolgen sollte.

Für das Verfahren gelten strenge Vorgaben. Was bei der Antragstellung zu beachten ist, gibt ein neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus Dezem­ber 2017 vor (Az. IV C 5 - S 2388/14/100 01). So etwa, welches Finanzamt für die Auskunft zuständig ist. Sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer ist das zuständige Betriebsstätten-Finanzamt in der Pflicht. Bei mehreren Betriebsstätten und Konzernunterneh­men ist vorab die Zuständigkeit zu klä­ren. Auch inhaltlich ist eine Anfrage klar geregelt. Das Auskunftsersuchen muss eine konkrete Rechtsfrage zu einem rea­len Fall beinhalten. Nicht zulässig sind Anfragen zu fiktiven Beispielen.

Bei der Form lässt der Fikus den Antragstellern freie Wahl. Sie können die Anrufungsauskunft schriftlich oder mündlich beantragen. Es ist jedoch grundsätzlich ratsam, die Schriftform zu wählen, um den Vorgang lückenlos zu dokumentieren. Der Antrag sollte immer auf Paragraf 42 e EStG Bezug nehmen. So ist für Finanzbeamte in jedem Fall klar, dass der Antragsteller eine Anru­fungsauskunft einholen will.

Doch Vorsicht: Die Bindungswir­kung erstreckt sich nur auf das Lohn­steuerabzugsverfahren, nicht aber auf das einkommensteuerliche Veranla­gungsverfahren. Auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer die Auskunft einge­holt hat. Das Wohnstätten-Finanzamt kann also zu wenig gezahlte Lohnsteuer vom Arbeitnehmer über den Einkom­mensteuerbescheid nachfordern. In be­deutsamen Einzelfällen kann es deshalb sinnvoll sein, dass Arbeitnehmer zusätz­lich bei ihrem Wohnsitz-Finanzamt eine sogenannte verbindliche Auskunft ein­holen. Diese ist allerdings - anders als die Anrufungsauskunft - gebühren­pflichtig.

Wann ist eine Anrufungsauskunft ratsam? Eine Vorklärung erfordern ins­besondere Sachverhalte, die für Arbeit­geber von großer Tragweite sind und viel Interpretationsspielraum bieten. Streit­anfällig sind besonders Fälle, in denen die Rechtsprechung eine Gesamtwürdi­gung mehrerer Merkmale verlangt. Wenn Arbeitgeber etwa Kosten für Ar­beitskleidung oder Fortbildungen über­nehmen, dann fragt der Fiskus nach dem „ganz überwiegenden betrieblichen In­teresse“.

Hier bewegt man sich argumentativ in einer Grauzone. Auch wenn Arbeit­nehmer zugunsten einer Sachzuwendung auf Teile ihres Gehalts verzichten, ist die Steuerpflicht oft nicht eindeutig zu bewerten. Es bleibt fraglich, ob die Zu­wendung steuerfrei ist oder der Pau­schalversteuerung unterliegt. Hierzu gibt es keine gesicherte Rechtsprechung, ein höchstrichterliches Urteil steht noch aus. Auch Fragen nach der Arbeitnehmerei­genschaft oder Selbstständigkeit von Mitarbeitern, insbesondere bei Gesell­schaftergeschäftsführern, legen eine An­rufungsauskunft nahe.

Wie auch immer der Fall gelagert ist: Eine Auskunft ist nicht uneinge­schränkt gültig. Das Finanzamt kann sie von vornherein befristen oder aber mit Wirkung für die Zukunft aufheben. Auch wenn der Gesetzgeber die entspre­chenden Rechtsnormen ändert, entfällt die Bindewirkung. Die Finanzbehörden informieren Steuerzahler darüber in der Regel nicht. Arbeitgeber sollten deshalb wichtige Auskünfte regelmäßig auf ihre Anwendbarkeit hin prüfen lassen.

Quelle: Cash

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Axel Knoth
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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