06.2019

Grünes Licht vom Finanzamt

Bei komplizierten Steuerfragen können sich Firmen beim Finanzamt eine rechtssichere und kostenlose Auskunft einholen. Etwa bei Fragen rund um Löhne und Gehälter. Ein Experte erklärt, worauf sie dabei achten müssen.

Fachkräftemangel, Tarifab­schlüsse, Mindestlohn: Viele Unternehmen kämpfen mit steigenden Personalkosten. Auf der Suche nach Einsparmöglich­keiten optimieren viele ihre Vergü­tungsmodelle, um Lohnsteuer und Sozialabgaben zu senken. Damit sich eine Lösung nicht im Nachhinein als Bumerang erweist — inklusive Nachzahlungen und Zinsen — können Unternehmen bei schwierigen Lohn­steuerfragen mit ihrem Finanzamt vorab die steuerlichen Folgen abklä­ren. Sich also das grüne Licht vom Finanzamt einholen. „Das verschafft den Firmenchefs Rechtssicherheit und nimmt sie aus der Lohnsteuerhaftung", betont Dr. Axel Knoth, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Wirtschaftskanzlei WWS in Mönchengladbach.

Denn für Betriebsinhaber auch im Handwerk sind Kosteneinsparun­gen ein Dauerthema. Ein Ansatz­punkt sind die Löhne und Gehälter der Belegschaft. Am Bruttolohn und an der Steuerklasse können sie in der Regel nicht rütteln. Eine Al­ternative ist die Gehaltsumwand­lung, also das Thema „steuerfreie Extras". Beliebt sind Tankgut­scheine, Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge, ein Jobrad oder die Übernahme der Kosten für die Kin­derbetreuung. Hiervon profitieren auch die Mitarbeiter durch einen steigenden Nettolohn. Das Problem: Bei diesen Lohnoptimierungen lau­ern einige Steuerfallen. „Etwa, dass Arbeitgeber einzelne Komponenten des neuen Vergütungsmodells nicht ausreichend aufeinander abstim­men. Schnell ergeben sich kumula­tive Effekte, bei denen Freibeträge oder Freigrenzen nicht mehr einge­halten werden", warnt Steuerexperte Axel Knoth. „Oder Firmen überse­hen aktuelle Rechtsentwicklungen und passen die Konzepte nicht an."

Negative Folgen vermeiden

Wie lassen sich negative Konse­quenzen vermeiden? Arbeitgeber und auch Arbeitnehmer können beim Finanzamt kostenlos eine rechtssichere Auskunft einholen. Das nennt sich „Anrufungsaus­kunft". Antragsberechtigt sind auch die Steuerberater, mit denen man sich ohnehin abstimmen sollte. Für das Verfahren gelten strenge Vorgaben. Was man be­achten muss, regelt ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus Dezember 2017 (Az. IV C 5 — S 2388/14/10001). So etwa, welches Finanzamt für die Auskunft zustän­dig ist. Sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer ist das zuständige Betriebsstatten-Finanz­amt in der Pflicht. Bei mehreren Betriebsstätten muss man also vor­her die Zuständigkeit klären. Auch inhaltlich ist eine Anfrage klar ge­regelt. „Das Auskunftsersuchen muss eine konkrete Rechtsfrage zu einem realen Fall beinhalten. Nicht zulässig sind Anfragen zu fiktiven Beispielen", erklärt Knoth.

Bei der Form lassen die Finanz­ämter den Antragstellern freie Wahl. Sie können die Anrufungsauskunft schriftlich oder mündlich beantra­gen. Knoth rät aber, die Schriftform zu wählen, „um den Vorgang lü­ckenlos zu dokumentieren". Der Antrag sollte immer auf den Paragrafen 42 e des Einkommen­steuergesestzes (EStG) Bezug neh­men. „So ist für Finanzbeamte klar, dass der Antragsteller eine Anru­fungsauskunft einholen will."

Die Auskunft ist aber nur für das Lohnsteuerabzugsverfahren bin­dend, nicht für das einkommen­steuerliche Veranlagungsverfahren. „Auch dann nicht, wenn der Ar­beitnehmer die Auskunft eingeholt hat." Das Finanzamt am Wohnort des Arbeitnehmers kann also zu wenig gezahlte Lohnsteuer über den Einkommensteuerbescheid nachfordern. „In Einzelfällen kann es sinnvoll sein, dass Arbeitnehmer zusätzlich bei ihrem Wohnsitzfinanzamt eine verbindliche Aus­kunft einholen", rät Knoth. Die ist dann aber — anders als die Anru­fungsauskunft — gebührenpflichtig.

Wann ist eine Anrufungsaus­kunft ratsam? Vorab klären sollte man Sachverhalte, die für Arbeitge­ber von großer Tragweite sind und viel Interpretationsspielraum bie­ten. Wenn Arbeitgeber etwa Kosten für Arbeitskleidung oder Fortbil­dungen übernehmen, dann fragt der Fiskus nach dem „ganz über­wiegenden betrieblichen Interesse". Knoth: „Hier bewegt man sich ar­gumentativ in einer Grauzone."

Nicht uneingeschränkt gültig

Auch wenn Arbeitnehmer zuguns­ten einer Sachzuwendung auf Teile ihres Gehalts verzichten, sei die Steu­erpflicht oft nicht eindeutig. Ist die Zuwendung steuerfrei oder unter­liegt sie der Pauschalversteuerung? „Hierzu gibt es keine gesicherte Rechtsprechung, ein höchstrichter­liches Urteil steht noch aus. Auch Fragen nach der Arbeitnehmerei­genschaft oder Selbstständigkeit von Mitarbeitern, insbesondere bei Ge­sellschaftergeschäftsführern, legen eine Anrufungsauskunft nahe."

Achtung: Eine Auskunft ist nicht uneingeschränkt gültig. Das Finanz­amt kann sie von vornherein befris­ten oder aber mit Wirkung für die Zukunft aufheben. Auch wenn der Gesetzgeber die Rechtsnormen ändert, entfällt die Bindewirkung. Die Finanzbehörden informieren Steu­erzahler darüber in der Regel nicht. Arbeitgeber sollten daher wichtige Auskünfte regelmäßig auf ihre An­wendbarkeit hin prüfen lassen.

Quelle: Deutsches Handwerksblatt

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Axel Knoth
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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