07.2016
Freelancer richtig einsetzen
Aufgrund steigender Personalkosten gewinnt der Einsatz von Freelancern für viele Unternehmen an Bedeutung. Dabei ist erhöhte Vorsicht gefragt. Wie Firmen freie Kräfte langfristig engagieren und böse Überraschungen vermeiden, zeigen die Experten der Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach.
Immer mehr Unternehmen stöhnen über den Kostenfaktor
Personal. Nicht wenige forcieren daher den Einsatz selbstständiger Kräfte, um
den Mindestlohn und Sozialabgaben zu umgehen. Die Rentenversicherer haben auf
diese Entwicklung reagiert und prüfen den Status selbstständiger Dienstleister
besonders kritisch. Der Einsatz von Freelancern will gut geplant sein, betont
die Wirtschaftskanzlei WWS. Sonst steht schnell der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit
im Raum.
Bewerten Prüfer Freelancer als sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte, hat dies fatale Folgen für die Arbeitgeber. Die ursprünglichen
Kosten können leicht um mehr als die Hälfte ansteigen, ganz zu schweigen von
Bußgeldern und strafrechtlichen Konsequenzen. Viele Unternehmen wiegen sich in
trügerischer Sicherheit. Schnell erfüllen Freelancer die Merkmale eines
versicherungspflichtig Beschäftigten. „Es ist zweitrangig, wie ein Dienst- oder
Werkvertrag ausgestaltet ist“, sagt Rebekka De Conno, Rechtsanwältin der WWS.
„Maßgeblich sind die tatsächliche Organisation und der Ablauf der
Zusammenarbeit.“
Scheinselbstständigkeit
Die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung vermuten eine
Scheinselbstständigkeit immer dann, wenn Freelancer dauerhaft in den
Betriebsablauf eingegliedert sind. Verdächtig ist auch, wenn sie über Ort, Zeit
und Art ihrer Tätigkeit nicht frei entscheiden können. Dafür spricht etwa, wenn
eine regelmäßige Anwesenheitspflicht besteht und detaillierte
Arbeitszeitnachweise erstellt werden. Kritisch ist auch, wenn freie Mitarbeiter
die gleichen Arbeiten erbringen wie feste Angestellte oder bei einem
Auftraggeber mehr als 80 Prozent des Jahresumsatzes erwirtschaften.
Der Einsatz von Scheinselbstständigen kann für Unternehmen
eine immense Kostenfalle werden. Firmen müssen bis zu vier Jahre rückwirkend
alle Sozialversicherungsbeiträge sowie die Lohnsteuer abführen. Besonders
prekär: Der Betrag wird meist sofort und auf einen Schlag fällig. Für alle
Nachzahlungen werden zudem saftige Säumniszuschläge von einem Prozent pro Monat
erhoben. Wurden die Abgaben erwiesenermaßen vorsätzlich nicht abgeführt, kann
das Finanzamt Firmen für die letzten zehn Jahre in Regress nehmen, die
Rentenversicherung sogar für die letzten 30 Jahre. In besonders schweren Fällen
droht ein Strafverfahren, das eine Freiheitsstrafe von maximal fünf Jahren nach
sich ziehen kann. Bei Verstößen gegen das Mindestlohngesetz drohen zudem
Bußgelder von bis zu 500.000 Euro.
Arbeitsverhältnis einklagen
Auch zwischen Unternehmen und Freelancer kann es Ärger
geben. Scheinselbstständige können vor dem Arbeitsgericht ein Arbeitsverhältnis
mit dem Auftraggeber einklagen. Aus dem vermeintlichen Freelancer wird
womöglich ein Angestellter mit Anspruch auf Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
und Kündigungsschutz. Unternehmen sind gut beraten, sich im Vorfeld einer
Zusammenarbeit mit Selbstständigen rechtlich zu schützen. „Firmen sollten mit
Freelancern immer einen schriftlichen Rahmenvertrag abschließen“, rät
WWS-Anwältin De Conno. „Zudem ist es wichtig, vor der ersten Beauftragung den
sozialversicherungsrechtlichen Status abzuklären. So ist für Rechtssicherheit
gesorgt.“
Wie können Unternehmen den Status von Freelancern prüfen?
Einen entsprechenden Antrag können Firmen kostenlos bei der Clearingstelle der
Deutschen Rentenversicherung (DRV) stellen. Das erforderliche Formular steht
online unter www.clearingstelle.de
bereit. Die DRV teilt daraufhin mit, welche Informationen und Unterlagen sie
für die Prüfung benötigt. Die Entscheidung wird den Beteiligten abschließend
schriftlich mitgeteilt. Bei Bestätigung des Freelancer-Status gilt: „Firmen
sollten die ausgefüllten Antragsformulare und den Bescheid zusammen mit dem
Vertragsunterlagen aufbewahren“, sagt WWS-Anwältin De Conno. „So lässt sich im
konkreten Einzelfall immer nachvollziehen, welche Bedingungen für die
Statuseinordnung maßgeblich waren.“
Eine von der DRV bestätigte Selbstständigkeit ist kein
dauerhafter Freibrief. „Steigt das Auftragsvolumen, kann schleichend ein
Beschäftigungsverhältnis entstehen“, warnt WWS-Expertin De Conno. „Firmen
sollten daher die Zusammenarbeit mit Freelancern immer hinterfragen, wenn sich
Art und Umfang der Tätigkeit ändern.“ Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte
besser fachlichen Rat einholen. So ist gewährleistet, dass der Einsatz von
Freelancern keine Stolperfallen birgt.
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