Aufgrund des zweiten harten Lockdown müssen Unternehmen im Falle einer Überschuldung auch im Januar keinen Insolvenzantrag stellen. Neben den finanziellen Hilfsangeboten des Staates sollten sie aber auch die Möglichkeiten einer professionellen Sanierung nutzen.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind weitreichend. Viele Unternehmen stecken durch die Rezession in einer schwierigen Situation, oftmals hervorgerufen durch behördliche Verbote. Der leichte Lockdown im November und der harte Lockdown seit Mitte Dezember tun ihr Übriges dazu. Davon sind viele Branchen betroffen, von der Eventindustrie über Hotellerie und Gastronomie bis hin zu Handelsunternehmen, Kunst und Kultur, die Luftfahrt und deren Zulieferbetriebe und viele andere. Zwar erwarten die Konjunkturforscher ab dem zweiten Quartal 2021 einen rasanten Aufschwung, aber der Schaden ist zunächst einmal verursacht.
„Dem will die Bundesregierung entgegenwirken und hat sich im Dezember darauf verständigt, die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen im Falle einer Überschuldung auch bis Ende April auszusetzen. Ziel ist es, die Fortführung von Gesellschaften zu ermöglichen, die durch die COVID-19-Pandemie in eine finanzielle Schieflage geraten sind und ohne dieses Gesetz insolvent wären“, sagt Stefan Bette, Partner und Steuerberater der multidisziplinären WWS-Gruppe in Aachen.
Unternehmen sollen damit Zeit gegeben werden, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen und mit Gläubigern und Kapitalgebern Finanzierungsvereinbarungen und Sanierungsabreden (zum Beispiel Schuldenschnitte) zu treffen, um ihre Schieflage zu überwinden. In der Politik heißt es dazu auch, es solle damit verhindert werden, dass betroffene Firmen Insolvenz beantragen müssten, nur weil die staatlichen November- und Dezemberhilfen noch nicht ausbezahlt worden seien. Stefan Bette erklärt: „Die Aussetzung der haftungsbewehrten und teilweise auch strafbewehrten Insolvenzantragspflicht ist dabei auf Fälle beschränkt, in denen die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht. Zudem soll erforderlich sein, dass belegbare Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen.“
Der Steuerberater weist auch auf die vielfältigen Hilfsangebote hin. Die Bundesregierung unterstützt Betriebe, Solo-Selbstständige, Vereine und andere Einrichtungen mit der außerordentlichen Wirtschaftshilfe („Novemberhilfe“). Für die Novemberhilfe antragsberechtigt sind Unternehmen, die aufgrund des Beschlusses des Bundes und der Länder vom 28. Oktober 2020 den Geschäftsbetrieb einstellen mussten. Die Unterstützung wird auch für den Zeitraum der temporären Schließungen ab Dezember fortgeführt. Die bis Ende Juni 2021 verlängerte „Überbrückungshilfe“ unterstützt darüber hinaus Unternehmen, die von den Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung besonders stark betroffen sind. Es handelt sich um direkte Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Mit der „Dezemberhilfe“ werden im Grundsatz erneut Zuschüsse von bis zu 75 Prozent des Umsatzes aus Dezember 2019 anteilig für die Anzahl an Tagen der Schließung im Dezember 2020 gewährt. Die „Überbrückungshilfe III“ (bis zu 500.000 Euro je Monat erhalten Unternehmen, die im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent (bisher 50) erlitten haben und keinen Zugang zur „Novemberhilfe“ und/oder „Dezemberhilfe“ hatten.
Im Übrigen wirft Stefan Bette eine weitere Fragestellung auf: „Ein großes Problem ist bei einigen unserer Mandanten die EU-beihilferechtliche Komponente der Corona-Hilfen. Hier gab es zwar inzwischen Erhöhungen der Höchstbeträge in der Kleinbeihilfenregelung und in der Fixkostenhilfe. Zuvor reichten die Höchstgrenzen oft nicht aus, besonders in den Fällen, in denen auch ein KfW-Schnellkredit in Anspruch genommen wurde. Die neuen Höchstgrenzen bringen hier zwar eine Verbesserung mit sich. Aber die Mandanten können meist die Unterschiede zwischen De-Minimis-Verordnung, Kleinbeihilfenregelung und Fixkostenhilfe nicht nachvollziehen.“ Zudem seien die Voraussetzungen, unter denen Beträge im Rahmen der Fixkostenhilfe in Anspruch genommen werden können, immer noch nicht vollständig transparent. Derzeit würden daher Anträge gestellt, deren Voraussetzungen erst später bei der sogenannten Schlussabrechnung vollständig bekannt sein würden. Somit würden auch strategisch wichtige Entscheidungen erschwert. Der WWS-Partner rät: „Beispielsweise kann es unter Umständen sinnvoll sein, gerade ausgezahlte KfW-Darlehen wieder ganz oder teilweise zu tilgen, um nicht rückzahlbare Hilfen im Rahmen der beihilferechtlichen Höchstbeträge in Anspruch nehmen zu können.“
„Zugleich ist es wichtig, sich auch mit der Frage der Sanierung zu befassen. Nicht immer ist nur die Pandemie an wirtschaftlichen Schwierigkeiten schuld, und auf der anderen Seite kann gerade die Krise auch neue Chancen bringen, sich neu für die Zukunft aufzustellen. Überschuldete Unternehmen und Firmen, die sich in einer vorinsolvenzlichen Krisensituation befinden, sollten diese Entschlossenheit nun ebenso an den Tag legen und gemeinsam mit einem versierten Berater die richtigen Schritte ergreifen, die Krise durch geeignete Sanierungsmaßnahmen abzuwenden“, stellt Stefan Bette heraus.
Dafür stehe ein großes Instrumentarium an Möglichkeiten zur Verfügung, um die richtigen Antworten auf wesentliche Fragen zu geben. Können Unternehmensteile verkauft werden? Wie funktioniert die Neupositionierung am Markt? Können Produkte und Dienstleistungen angepasst und effizienter gestaltet werden? Sind neue Lieferverträge und eine Verringerung der Kostenlast möglich? An welchen Stellen sind Management-Fehler gemacht worden? Lassen sich Finanzierungsmöglichkeiten nutzen, um Altlasten abzulösen?
„Die Sanierung ist kein temporäres Kurieren offener Brüche. Wir heilen die Ursachen, damit sie in der Zukunft nicht mehr auftreten, und verstehen es als wichtige Aufgabe, über diese Möglichkeiten aufzuklären und mit der Geschäftsführung und/oder den Gesellschaftern gemeinsam zu überlegen, wo genau die Ursachen der Krise liegen, was man dagegen tun kann und welches Instrument man am besten einsetzt“, betont der Steuerberater. Er begleitet mit etablierten Netzwerkpartnern Unternehmen auch juristisch bei der Vorbereitung eines Insolvenzantrags, um den bestmöglichen Weg (Regelinsolvenzverfahren, Insolvenz in Eigenverwaltung, Insolvenzplanverfahren, Schutzschirmverfahren) für die Sanierung und die Rettung zu beschreiten.
Quelle: PT-Magazin
Korrespondenz mit:
Stefan Bette
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Steuerberater
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