03.2015

Einspruch gegen Grunderwerbsteuer prüfen

Vielfach erhebt das Finanzamt die Grunderwerbsteuer nicht nur für den Immobilienerwerb, sondern auch für die Bauleistungen. Was Käufer tun sollten und wie sie von einem ausstehenden Grundsatzurteil profitieren können.

Für Neubauten müssen Erwerber immer tiefer in die Tasche greifen. Neben stei­genden Immobilienpreisen und kostspieli­gen energetischen Auflagen drohen, insbe­sondere bei einem Erwerb vom Bauträger, zuweilen unerwartet hohe Steuerlasten. Die Grunderwerbsteuer kann zu einer tücki­schen Steuerfalle werden, warnt die Wirt­schaftskanzlei WWS aus Mönchenglad­bach. Schnell erheben die Finanzbehörden Nachzahlungen, die viele Finanzierungs­modelle ins Wanken bringen können.

Hintergrund ist eine steuerliche Beson­derheit, wonach auch Bauleistungen unter die Grunderwerbsteuerpflicht fallen kön­nen. Besteht ein Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag, können die Finanzbehörden den kompletten Vor­gangais einheitliches Vertragswerk werten. Der Fiskus erhebt die Grunderwerbsteuer dann auf den Komplettpreis und nicht nur auf den Grundstückskauf. Bei Bauleistun­gen von 250.000 Euro etwa werden je nach Bundesland bis zu 16.250 Euro zusätzlich fällig.

Unrechtmäßige Doppelbesteuerung Bauherren und Käufer können in diesem Zusammenhang jedoch auch auf eine posi­tive Rechtsprechung hoffen. Das Nieder­sächsische Finanzgericht sieht in der bishe­rigen Praxis der Finanzbehörden eine unrechtmäßige Doppelbesteuerung, schließlich werden die Bauleistungen sowohl der Umsatzsteuer als auch der Grunderwerbsteuer unterworfen. Nach Ansicht der Richter verstößt die Doppelbe­steuerung unter anderem gegen europäi­sches Recht. Zurzeitistein Revisionsverfah­ren beim Bundesfinanzhof anhängig, das Bauherren künftig steuerlich spürbar ent­lasten könnte (BFH, Az. IIR 22/13). Steuer­zahler sollten ihren Grunderwerbsteuerbe­scheid in einschlägigen Fällen auf einen Einspruch hin prüfen. Nur so können sie im Nachhinein von einemsteuerzahlerfreund- liehen Urteil des BFH profitieren. Ist ein Steuerbescheid noch nicht rechtskräftig, können Steuerzahler mit Verweis auf das laufende Verfahren mit dem Aktenzeichen Einspruch einlegen, in der Regel vier Wochen lang.

Grundstückskauf und Bauleistung als einheitliches Vertragswerk?

Die Gefahr, dass Finanzbehörden Grund­stückskauf und Bauleistung als einheitli­ches Vertragswerk werten, ist groß. Denn viele Erwerber wünschen sich eine schlüs­selfertige Immobilie aus einer Hand. Wann ein einheitliches Vertragswerk vorliegt, ist vom Gesetzgeber nicht eindeutig definiert. Jedoch gibt es wesentliche Indizien, die zu einer entsprechenden Annahme durch das Finanzamt führen können. Dazu zählt ein einheitliches Angebot für das Grundstück und die Baumaßnahmen von einem Anbie­ter. Für ein einheitliches Vertragswerk spricht auch, wenn die Verträge zwar getrennt, aber mit zwei Dienstleistern am gleichen Ort oder im gleichen Zeitraum abgeschlossen werden. Die Finanzbehör­den unterstellen dann schnell Absprachen zwischen den Vertragsparteien. Kritisch ist auch, wenn der Grundstücksverkäufer den Bauantrag stellt oder die Baugenehmigung erhält. Ähnlich verhält es sich, wenn der Grundstücksverkäufer seinerseits Archi­tekten oder Bauhandwerker beauftragt.

Bauherren sollten Grundstückskauf und Bebauung vertraglich klar trennen. Käufer sollten zum einen für die Verträge immer Vertragspartner beauftragen, die nicht mit­einander in einer offenkundigen Geschäfts­beziehung stehen. Zum anderen sollten sie die Verträge möglichst mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen schließen. Doch diese Vorkehrungen schützen noch nicht zwingend vor einer zusätzlichen Besteuerung. Laut einem BFH-Urteil aus 2013 kann das Finanzamt die Grunder­werbsteuer auf den Komplettpreis erheben, wenn Grundstücksverkäufer und Bauträger zusammen arbeiten, selbst wenn es für den Erwerber nicht erkennbar ist (BFH, Az. II R 3/12). Sicherheitshalber sollten Erwerber sich vom Bauträger zusichern lassen, dass keine Geschäftsbeziehung zum Grund­stücksverkäufer besteht.

Ist der Einspruch erfolgsversprechend?

Ob ein Einspruch erfolgsversprechend ist, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen hat jüngst zum Thema „ein- heitliches Vertragswerk" verschiedene Fall­konstellationen und die hierzu erfolgte Rechtsprechung zusammengestellt. Betrof­fene sollten mit ihrem steuerlichen Berater unter Berücksichtigung der Sichtweise der Finanzverwaltung die Chancen auf einen Einspruch prüfen, rät die WWS. Unter Umständen können Erwerberso die steuer­liche Belastung um mehrere zehntausend Euro reduzieren.

Quelle: Wirtschaftsmagazin für den Hautarzt

 

Portrait & Vita
Dr. Ulrich Viefers
Diplom-Volkswirt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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