Arbeitszeitkonten dienen der Verteilung von Arbeitszeit auf Tage, Wochen oder Jahre. Hierbei wird die geleistete Arbeit der Beschäftigten mit der arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen oder betriebsüblichen Arbeitszeit abgeglichen und verrechnet. Durch sogenannte Langzeitkonten können Führungskräfte auch ihre Altersvorsorge finanzieren, eine vorübergehende Freistellung bei Bezügen realisieren oder aber in den vorgezogenen Ruhestand gehen.
Die Wirtschaftskrise im Zuge der Corona-Pandemie hat gezeigt: Unternehmen kann von jetzt auf gleich die Arbeit ausgehen. Da wäre es doch interessant, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter einfach nach Hause schicken und sie die Stunden nachholen lassen könnten, wenn das Geschäft wieder brummt und sich die Arbeit stapelt. Sollten die Prognosen eintreten, kann dies schon ab Herbst wieder zutreffen.
„Zu diesem Zweck hat der Gesetzgeber das sogenannte Arbeitszeitkonto eingeführt. Arbeitszeitkonten dienen der Verteilung von Arbeitszeit auf Tage, Wochen oder Jahre. Hierbei wird die geleistete Arbeit der Beschäftigten mit der arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen oder betriebsüblichen Arbeitszeit abgeglichen und verrechnet. Durch Abweichungen werden Zeitguthaben beziehungsweise Zeitschulden aufgebaut“, erklärt Matthias Gehlen, Steuerberater bei der multidisziplinären WWS-Gruppe in Mönchengladbach. „Vom Prinzip her funktioniert ein Arbeitszeitkonto wie ein Girokonto, nur dass anstatt Geld darauf Zeit verbucht wird. Angesparte Überstunden können bei Bedarf in Abstimmung mit Kollegen und Vorgesetzten abgefeiert werden. Wer ins Minus gerät und Zeitschulden anhäuft, muss die Stunden nachholen.“
Laut Matthias Gehlen eröffnen Arbeitszeitkonten viel Flexibilität – sie bringen aber auch bestimmte Fallstricke mit sich. Denn: Arbeitnehmer, die nicht Geschäftsführer oder leitende Angestellte sind, können Überstunden nicht einfach anhäufen, weil das Arbeitszeitgesetz beachtet werden muss. Das besagt unter anderem, dass Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum nicht mehr arbeiten dürfen als durchschnittlich 48 Stunden pro Woche. Dies kann bei einer Sechs-Tage-Woche temporär auf bis zu 60 Stunden ausgeweitet werden. In diesen Fällen muss jedoch für einen zeitnahen Ausgleich gesorgt werden.
Sehr häufig werden Zeitkonten wie etwa Gleitzeit-, Überstunden- oder Jahresarbeitszeitkonten eingesetzt. Hierbei ist grundsätzlich ein Zeitraum vereinbart, in dem der Ausgleich der Arbeitszeit stattzufinden hat. „Davon unterscheidet sich das Langzeitkonto oder Lebensarbeitszeitkonto. Der Zweck dieses Kontos ist es, ein Werteguthaben zu schaffen, indem Arbeitszeit in Bezug auf ein bestimmtes Ziel angesammelt wird. Damit kann beispielsweise eine längere Freistellung durch den Arbeitgeber wie beispielsweise ein Sabbatical ermöglicht werden oder auch der vorzeitige Ausstieg aus dem Job“, sagt der Steuerberater.
Vor allem für Angehörige der Geschäftsleitung beziehungsweise des Managements kann dies eine interessante Gestaltung sein. „Ein Zeitwertkonto bietet Geschäftsführern gleich mehrere Vorteile. Sie können damit etwa ihre Altversvorsorge finanzieren, eine vorübergehende Freistellung bei Bezügen realisieren oder aber in den vorgezogenen Ruhestand gehen. Das Prinzip: Überstunden, Urlaubsgeld, Provisionen oder Boni werden nicht ausgezahlt, sondern als Gutschrift steuer- und sozialabgabenfrei angespart. Auf diese Weise sinkt der Lohnsteuersatz, da das Entgelt über einen längeren Zeitraum gestreckt wird. Lohnsteuer wird erst in der Auszahlungsphase fällig.“
WWS-Steuerberater Gehlen warnt aber: „Es gelten für derartige Langzeitkonten strenge Vorgaben von Seiten des Fiskus. Unternehmen und Geschäftsleiter sollten bei der Vertragsgestaltung die steuerlichen Fallstricke genau im Blick haben. Nur so ist gewährleistet, dass beide Seiten langfristig von der Vereinbarung profitieren.“ Vereinbarungen zum Arbeitszeitkonto sollten immer schriftlich im Vertrag dokumentiert sein. Zudem müsse die Verschiebung der Fälligkeit des Zeitguthabens eindeutig festgeschrieben und wirksam vereinbart werden. Die Konditionen sollten nachvollziehbar sein und planbare Auszahlungs- und Verwendungszeiträume definieren. Dazu gehöre vor allem, dass der maximal mögliche Ausgleichszeitraum festgelegt werde.
Nicht zuletzt sollte der Vertrag Bezug auf die betrieblichen Regelungen zur flexiblen Arbeitszeit nehmen und dabei auch die Fremdüblichkeit bei Gesellschafter-Geschäftsführern beachten. Wenn die Wertguthabenvereinbarung eines Minderheitsgesellschafters nicht dem Fremdüblichkeitsgrundsatz entspricht, kann das Finanzamt von einer verdeckten Gewinnausschüttung ausgehen. „Die Vereinbarung hält dem Fremdvergleich nur dann stand, wenn sie auch einem Nichtgesellschafter gewährt würde und sowohl der Art als auch der Höhe nach marktüblich ist“, sagt Matthias Gehlen. Daher sollten Firmen für den Fremdvergleich immer aktuelle Gehaltsstudien heranziehen. Bestenfalls kann anhand von Planungsrechnungen dokumentiert werden, dass das vereinbarte Modell aus Sicht der Gesellschaft betriebswirtschaftlich sogar sinnvoll, zumindest aber vertretbar erscheint.
„Zuletzt haben sich die Gerichte mehrfach mit diesen Fragen beschäftigt und bekräftigt, dass für Fremdgeschäftsführer und Geschäftsführer-Gesellschafter ohne Mehrheitsbeteiligung Arbeitszeitkonten möglich sind. Bei der Gestaltung ist insbesondere darauf zu achten, dass keine verdeckte Gewinnausschüttung aufgrund der Steuer- und Sozialabgabenfreiheit der angesparten Gehaltsbestandteile erfolgt. Verdeckte Gewinnausschüttungen führen zum Verlust von Steuervorteilen. Die Folge sind meist hohe Nachzahlungen samt Zinsen. Unter Umständen drohen sogar auch strafrechtliche Konsequenzen“, betont Matthias Gehlen. Er sieht die Einrichtung von Arbeitszeitkonten daher als Aufgabe des fachlich versierten Beraters, damit es gar nicht erst in der Praxis zu Problemen kommen kann.
Quelle: PT-Magazin
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