04.2015

Ehegattentestament auf den Prüfstand stellen

VIELE EHEPARTNER VERFASSEN IHREN LETZTEN WILLEN GEMEINSCHAFTLICH ALS „BERLINER TESTAMENT". DABEI LAUERN ERHEBLICHE RECHTLICHE UND STEUERLICHE TÜCKEN. WAS IST HIER ZU BEACHTEN UND WIE SOLLTEN EHELEUTE VORGEHEN?

Viele Ehegattentestamente führen zu bösen Über­raschungen. Beim Ableben eines Ehepartners ist der gemeinsame Besitz als Existenzgrundlage in Gefahr. Denn viele Ehegatten entscheiden sich für das soge­nannte „Berliner Testament", bei dem das Vermö­gen im Sterbefall uneingeschränkt auf den Partner übergeht. Das Problem: Schnell kommt es zu uner­warteten Pflichtteilsansprüchen der Kinder oder aber zu einer kostspieligen Doppelbesteuerung. Eheleute sollten dringend regelmäßig ihr gemein­schaftliches Testament überprüfen, empfiehlt die Wirtschaftskanzlei WWS aus Mönchengladbach. Möglicherweise sind weitreichende Anpassungen erforderlich.

Ein Ehegattentestament will gut überlegt sein. Jede Familiensituation erfordert individuell abgestimmte Regelungen. Je höher und vielfältiger die Vermö­genswerte sind, desto mehr erb- und steuerrechtli­che Aspekte sind zu bedenken. Besonders hoch ist der Handlungsbedarf naturgemäß bei vielen Füh­rungskräften und Unternehmensinhabern. Proble­matisch ist, dass ein Ehegattenteslament bindend ist. Werden nach dem Tod des Erstverstorbenen Konstruktionsfehler offenbar, kann der Partner die gemeinsamen testamentarischen Verfügungen oft nicht umfassend andern und an seine neuen Lebensumstande anpassen.

Leicht übersehen Eheleute beim Berliner Testament, dass sie ihre Nachkommen enterben. Kinder können dann ihren Pflichtteil einfordern, was den überleben­den Ehegatten in große finanzielle Schwierigkeiten bringen kann. Häufig muss der zurückgebliebene Ehepartner die gemeinsame Immobilie verkaufen, um den Pflichtteil auszahlen zu können. Um dies zu vermeiden, sollte das Testament grundsätzlich eine so genannte Pflichtteilsklausel enthalten. Sie macht es für die Kinder unattraktiv, den Pflichtteil zu bean­spruchen. Denn andernfalls erhalten sie nach dem Ableben des zweiten Ehepartners vom gesamten Nachlass ebenfalls nur den Pflichtteil.

Konfliktträchtig in der Familie ist auch, wenn der überlebende Ehegatte wieder heiratet. Leicht befürchten Kinder dann, dass der angeheira­tete Partner beim Ableben des Elternteils seinen Anspruch auf den Pflichtteil geltend macht. Abhilfe schafft eine so genannte Wiederverheiratungsklau­sel, die regelt, dass bei einer erneuten Verheiratung des überlebenden Gatten die Kinder automatisch ihren Erbteil erhalten.

Vermögenswerte sind für Ehepartner bis zu 500.000 Euro und für Kinder bis zu 400.000 Euro steuerfrei. Auf den darüber liegenden Betrag wird Erbschaft­steuer fällig. Da bei einem Berliner Testament das Vermögen zunächst auf den anderen Ehegatten übergeht und die Kinder enterbt werden, droht eine tückische Steuerfalle: Der steuerliche Freibetrag nach dem Erstverslorbenen geht verloren. Wenn die Nachkommen nach dem Tod des zweiten Eltern­teils erben, erfolgt meist eine doppelte Besteuerung desselben Vermögens. Zudem besteht aufgrund der Progressionswirkung die Gefahr einer insgesamt höheren Besteuerung. Ein möglicher Ausweg ist ein aktuelleres Gerichtsurteil des Bundesfinanzhofs (Az. II R 47/11): Es bietetfür Betroffene ein enormes Steu­ersparpotenzial. Erben können ihren Pflichtteil und damit auch den steuerlichen Freibetrag noch nach dem Tod des zweiten Elternteils rückwirkend retten. Hierzusollten sich Betroffene mit ihrem steuerlichen Berater abstimmen und gegebenenfalls rechtzeitig Einspruch beim zuständigen Finanzamt einlegen.

Die WWS rät: Eheleute sollten die Vor- und Nach­teile des Berliner Testaments sorgfältig abwagen und Modifikationen sowie alternative Lösungen in Betracht ziehen. Sollen nach dem Ableben des Erstverstorbenen statt dem Ehepartner die Kinder erben, lasst sich der langer lebende Ehegatte mit einem Wohn- und Nießbrauchsrecht absichern. In jedem Fall aber sollten Betroffene einen Experten zu Rate ziehen, der das Testament auf mögliche Schwachstellen hin prüft und die Regelungen mit den individuellen Verhältnissen in Einklang bringt.

Quelle: Dental Barometer

 

Korrespondenz mit:

Dr. Stephanie Thomas

Dr. Stephanie Thomas
Rechtsanwältin / Steuerberaterin
Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
Fax: 02166 971-200
E-Mail: sthomas@wws-mg.de

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