02.2020

Bei Gutscheinen den Fiskus nicht vergessen

Eine neue Richtlinie definiert die steuerlichen Rahmenbedingungen für Gutscheine. Welche Formen die Vorgabe unterscheidet und was Firmen zur Ausgabe von neuen Gutscheinen und Annahme von Altgutschcinen wissen sollten.

Gutscheine sind in vielen Firmen ein beliebtes Marke­ting- und Vertriebsinstrument. Sie kommen jährlich in unterschiedlichsten Varianten millionenfach zum Einsatz. Je nach der Art erhebt der Fiskus Umsatz­steuer. Seit Anfang 2019 gilt in Deutschland die sogenannte „Gutscheinrichtlinie“. Sie folgt einer neuen EU-Vorgabe, die den Umgang mit Gutscheinen innerhalb der Europäischen Union einheitlich regelt. Gutscheine nutzende Unternehmen sollten sich genau über die steuerlichen Auswirkungen der Richtlinie informieren. Wer die neuen Regeln nicht im Blick hat, könnte bei der nächsten Betriebsprüfung womöglich unangenehm über­rascht werden.

Die neue Gutschein-Richtlinie ist Bestandteil des Umsatz­steuergesetzes (UStG). Sie betrifft nur die Formen von Gutschei­nen, die umsatzsteuerlich relevant sind. Davon nicht betroffen sind Rabattgutscheine, die einen fest definierten Preisnachlass auf Dienstleistungen oder Waren gewähren. Preisnachlässe re­duzieren lediglich den Umsatzerlös und somit die Bemessungs­grundlage für die Umsatzsteuer. Was Rabattgutscheine angeht, können Firmen ihre bisherige steuerlich Praxis beibehalten.

Beim Thema „Geschenkgutscheine“ müssen Unternehmen umdenken. Bis Ende 2018 hatte das Steuerrecht neben Rabatt­gutscheinen auch Wert- und Warengutscheine unterschieden. Für in dieser Zeit ausgestellte Gutscheine gelten noch immer die alten Vorgaben: Wertgutscheine sind umsatzsteuerlich nicht relevant. Bei Warengutscheinen war bereits beim Kauf des Gutscheins Mehrwertsteuer fällig. Bei Annahme von Altgut­scheinen müssen sich Firmen somit keine Gedanken um die Umsatzsteuer machen. Ganz anders hingegen sieht die Situation seit dem 1. Januar 2019 aus. Das UStG verwendet für die Unter­scheidung der seither ausgegebenen Gutscheinvarianten andere Begrifflichkeiten und macht neue Vorgaben zur Besteuerung.

Von einem Einzweckgutschein spricht das neue UStG, wenn aus ihm der Ort der Leistung sowie der geschuldete Steuerbetrag eindeutig hervorgeht. Die Umsatzsteuer wird sofort mit der Ausstellung des Gutscheins fällig. Ertragsteuerlich findet mit der Gutscheinausgabe keine Gewinnrealisation statt. Daher ist in der Gewinn- und Verlustrechnung kein Umsatz zu verbuchen, dafür aber eine Verbindlichkeit zuzüglich der Umsatzsteuer. Wird der Gutschein eingelöst, müssen Firmen die Gutscheinver­bindlichkeit gegen Umsatzerlöse netto auflösen.

Von einem Mehrzweckgutschein geht der Fiskus aus, wenn der Ort der Leistung und/oder der geschuldete Steuerbetrag noch nicht feststehen. Diese Form von Gutscheinen wird als eine Art unspezifisches Zahlungsmittel eingesetzt und stellt somit den Tausch eines Zahlungsmittels (Geld) in ein anderes Zahlungsmittel (Gutschein) dar. Steuerrechtlich bedeutet dies, dass erst im Zeitpunkt der Einlösung Umsatzsteuer fällig wird. Daher ist bei Mehrzweckgutscheinen die Verbuchung einfacher, weil er­tragsteuerliche und umsatzsteuerliche Umsätze nicht auseinan­derfallen.

Vorteilhafter ist in jeder Hinsicht der Mehrzweckgutschein. Neben dem deutlich geringeren Aufwand bei der Buchhaltung können Kunden den Gutschein wesentlich flexibler einsetzen, da sie mehr Auswahlmöglichkeiten haben. Der Einzweckgut­schein hingegen führt oft zu umsatzsteuerlich ungewollten Konsequenzen: Wird er nicht eingelöst, bleibt es trotzdem bei der ursprünglichen Besteuerung. Eine Umsatzsteuerkorrektur ist somit nicht möglich. Firmen sollten bei der Ausstellung von Mehrzweckgutscheinen die neuen Vorgaben genau im Blick haben. Das größte Risiko besteht darin, dass Betriebsprüfer einen Mehrzweckgutschein im Nachhinein als Einzweckgut­schein werten. In solchen Fällen erhebt das Finanzamt Umsatz­steuer nach, unter Umständen sogar mit saftigen Nachzahlungs­zinsen.

Die beste Vorsichtsmaßnahme ist eine genaue Dokumentation. Im Kassenbuch sollten Firmen beim Verkauf von Gutscheinen immer kenntlich machen, um welche Variante es sich handeit. Besonders bei Einzweckgutscheinen ist die Kennzeichnung wichtig. Nur so lässt sich sicherstellen, dass bei einer späteren Gutscheineinlösung nicht erneut Umsatzsteuer fällig wird. Darüber hinaus müssen Unternehmen dokumentieren, welche Gut­scheine ausgegeben und wann sie eingelöst wurden. Idealerwei­se führen Firmen ein Gutscheinbuch, in dem sie alle relevanten Informationen klar und vollständig aufrühren.

Die neue Gutscheinrichtlinie wirft etliche Fragen auf. So ist etwa nicht eindeutig geregelt, ob bei einer Nichteinlösung von Mehrzweckgutscheinen auch tatsächlich keine Besteuerung erfolgt und ob es dafür ein steuerrechtliches „Verfallsdatum“ gibt. Auch ist bislang nicht klar, inwieweit die Neuregelung auch für elektronische Gutscheine gilt. Antworten auf viele offene Punkte dürfte der noch ausstehende Anwendungserlass zur neuen Gutscheinrichtlinie geben. In Zweifelsfällen sollten Fir­men immer ihren steuerlichen Berater zu Rate ziehen. So kön­nen sie die zahlreichen Fallstricke umgehen, die sich aus den derzeitigen regulatorischen Unschärfen in der Gutscheinricht­linie ergeben.

Quelle: Cash

Korrespondenz mit:

Klaus Meyer-Gehlen
Steuerberater
Tel.: 02166 971-0
Fax: 02166 971-200
E-Mail: kmeyer-gehlen@wws-mg.de

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