01.2024

Zehnjährige Haltefrist gilt auch bei Veräußerung eines Einfamilienhauses nach Ehescheidung

Veräußert der geschiedene Ehegatte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung seinen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Einfamilienhaus an den früheren Ehepartner, kann der Verkauf als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung unterfallen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Die zehnjährige Haltefrist bei Immobilien ist ein wichtiger Aspekt im deutschen Steuerrecht. Es ist die Zeit, die zwischen dem Erwerb und dem Verkauf einer Immobilie liegen muss, um eine Besteuerung des Gewinns aus dem Verkauf zu vermeiden. Die zehnjährige Haltefrist bezieht sich somit auf den Verkauf von privaten Immobilien und die damit verbundene Spekulationssteuer, offiziell auch als Einkommenssteuer auf private Veräußerungsgeschäfte bekannt. Sie gilt für private Immobilien, die nicht zum eigenen Wohnzweck genutzt wurden. Für selbst genutzte Immobilien gelten andere Regeln. Der zu versteuernde Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Kaufpreis der Immobilie, abzüglich der Werbungskosten und eventueller Abschreibungen. Ausnahmen und Besonderheiten bestehen nur bei selbstgenutzten Immobilien und bei Erbschaft und Schenkung. Wenn eine Immobilie im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren selbst genutzt wurde, entfällt die Spekulationssteuer unabhängig von der Haltefrist. Bei Immobilien, die geerbt oder geschenkt wurden, beginnt die Zehnjahresfrist mit dem Erwerbsdatum des Erblassers oder Schenkers.

Auch im Scheidungsfall steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft

Aber was passiert bei der der teilweisen Veräußerung eines Einfamilienhauses nach Ehescheidung? Auch dann muss der Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer unterworfen werden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden (Urteil vom 14.02.2023, Az.: IX R 11/21). Der Hintergrund laut einer Meldung des Bundesfinanzhofs: Der Kläger hatte zusammen mit seiner früheren Ehefrau im Jahr 2008 ein Einfamilienhaus erworben und dieses zunächst mit ihrem gemeinsamen Kind bewohnt. Nachdem die Ehe in die Krise geriet, zog der Ehemann 2015 aus dem Objekt aus. Die Ehefrau verblieb mit dem gemeinsamen Kind in der Immobilie. Anschließend wurde die Ehe geschieden.

Im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung im Scheidungsverfahren kam es zwischen den getrennt lebenden Ehepartnern zum Streit über die Immobilie. Nachdem die Ehefrau dem Kläger die Versteigerung angedroht hatte, veräußerte der Ehemann im Jahr 2017 seinen hälftigen Miteigentumsanteil an die Ehefrau. Diese nutzte die Immobilie weiterhin mit dem gemeinsamen Kind zu eigenen Wohnzwecken. Das Finanzamt unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Miteigentumsanteils der Einkommensteuer. Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage ab. Der BFH bestätigte in der Folge das Urteil der Vorinstanz. Ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft liegt vor, wenn eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren angeschafft und wieder veräußert wird.

Ehescheidung kein Ausschlusskriterium für die Erhebung der Spekulationssteuer

Dies gilt entsprechend auch für einen hälftigen Miteigentumsanteil, der im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach einer Ehescheidung von einem Miteigentümer an den anderen veräußert wird. Damit ist eine Ehescheidung kein Ausschlusskriterium für die Erhebung der Spekulationssteuer, weil ein in Scheidung befindlicher Ehegatte das in seinem Miteigentum stehende Immobilienobjekt gerade nicht zu Wohnzwecken nutzt, wenn er aufgrund der Ehekrise ausgezogen ist. Dass der getrennt lebende/geschiedene Ehegatte nebst Kind dort leben, ist für die steuerliche Bewertung unerheblich. Das Gericht betont ebenso: Eine das Vorliegen eines privaten Veräußerungsgeschäfts ausschließende Zwangslage, beispielsweise bei einer Enteignung oder einer Zwangsversteigerung, lag nicht vor. Zwar hatte die geschiedene Ehefrau ihren Ex-Partner erheblich unter Druck gesetzt. Letztlich hat dieser aber seinen Anteil an dem Einfamilienhaus an seine geschiedene Frau freiwillig veräußert.

Diese steuerrechtliche Entwicklung zeigt, dass im Rahmen einer Ehescheidung zahlreiche vermögensrechtliche Aspekte eine Rolle spielen. Die Expert:innen für Steuerrecht der WWS-Gruppe beraten Mandant:innen auch bei komplexen und vernetzten Fragestellungen.

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Stephanie Thomas
Geschäftsführerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
E-Mail: sthomas@wws-mg.de

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