10.2025
Vermögensübergabeverträge sorgfältig gestalten: Sonderausgabenabzug sichern
Die Übertragung von Betrieben, Mitunternehmeranteilen oder bestimmten GmbH-Anteilen gegen lebenslange Versorgungsleistungen ist ein bewährtes Modell zur unentgeltlichen Vermögensübertragung im Familienkreis. Der steuerliche Vorteil: Der Übernehmer kann die vereinbarten Versorgungsleistungen nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG als Sonderausgaben abziehen. Dieser Vorteil steht jedoch unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen. Aktuelle Entscheidungen des BFH und der Finanzgerichte verdeutlichen, dass bereits vermeidbare formale Schwächen oder Abweichungen in der Vertragsdurchführung den Abzug dauerhaft gefährden können.
Vermögensübergabeverträge gehören zu den sensibelsten Gestaltungsinstrumenten im Steuerrecht. Sie verknüpfen familienrechtliche, ertragsteuerliche und oft auch erbschaftsteuerliche Ziele. In der Praxis bieten sie die Möglichkeit, Unternehmens- oder Privatvermögen generationenübergreifend zu übertragen und zugleich die wirtschaftliche Versorgung des Übergebers lebenslang sicherzustellen. Damit der Erwerber die übernommenen Versorgungsverpflichtungen steuermindernd geltend machen kann, verlangt der Gesetzgeber klare und verbindliche Regelungen – und deren konsequente Umsetzung über Jahre hinweg. Die Rechtsprechung hat diese Anforderungen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder präzisiert und dabei deutlich gemacht: Es reicht nicht, den Vertrag formal richtig aufzusetzen. Entscheidend ist, dass er von beiden Seiten ernsthaft gewollt, klar formuliert und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird.
Werden vereinbarte Leistungen in den Folgejahren vertragsgemäß erbracht?
Die Grundvoraussetzungen sind eindeutig: Im Vertrag müssen der Umfang des übertragenen Vermögens, die Höhe der Versorgungsleistungen und die Art ihrer Erbringung verbindlich geregelt sein. Änderungen sind steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie durch eine dauerhaft veränderte Versorgungslage des Berechtigten oder eine veränderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten veranlasst sind. Rückwirkende Anpassungen sind grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, sie betreffen lediglich kurzfristige technische Korrekturen. Besonders kritisch prüft die Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen, ob die vereinbarten Leistungen in den Folgejahren vertragsgemäß erbracht werden. Wird die Zahlung ausgesetzt oder ohne sachlichen Grund reduziert, kann dies nicht nur zu einer Aberkennung für das laufende Jahr führen, sondern den Sonderausgabenabzug auch für die Zukunft dauerhaft ausschließen – selbst wenn später wieder zur ursprünglichen Zahlung zurückgekehrt wird. Die Gerichte unterscheiden hier klar zwischen unschädlichen Abweichungen, etwa bei kurzfristigen Verzögerungen oder versehentlich unterbliebenen Anpassungen, und schädlichem Verhalten, das den Rechtsbindungswillen infrage stellt.
Die jüngere Rechtsprechung liefert dafür zahlreiche Beispiele. So bleibt der Abzug erhalten, wenn Zahlungen zwar verspätet, aber vollständig geleistet werden, oder wenn eine befristete, einvernehmliche Kürzung erfolgt, die sich am Versorgungszweck orientiert. Auch die Unterlassung einer vertraglich vorgesehenen Erhöhung kann unschädlich sein, wenn sie auf einem bloßen Versehen beruht. Hingegen wird der Abzug versagt, wenn Leistungen über einen längeren Zeitraum vollständig eingestellt oder willkürlich gekürzt werden. In diesen Fällen kann selbst die spätere Wiederaufnahme der Zahlungen oder eine gerichtliche Durchsetzung den Verlust der steuerlichen Anerkennung nicht rückgängig machen.
Sonderausgabenabzug an strikte Einhaltung der vertraglich festgelegten Bedingungen gebunden
Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen nachträgliche Änderungen des Versorgungsvertrags. Diese sind nur dann steuerlich wirksam, wenn sie auf einer vertraglich vorgesehenen Abänderbarkeit beruhen oder den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben – etwa nach der Höfeordnung – entsprechen. Vereinbarungen, die ohne diese Grundlage getroffen werden, entfalten für den Sonderausgabenabzug keine Wirkung. Ebenso problematisch ist es, wenn die Ertragslage des übertragenen Vermögens die vereinbarten Leistungen dauerhaft nicht mehr trägt: Zahlungen, die in diesem Fall nicht auf einer vertraglich abgesicherten Anpassung beruhen, gelten als freiwillige Leistungen im Sinne des § 12 Nr. 2 EStG und sind steuerlich nicht abzugsfähig. Die Linie der Rechtsprechung ist damit klar: Der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG ist an die strikte Einhaltung der vertraglich festgelegten Bedingungen gebunden. Geringfügige, sachlich begründete oder versehentliche Abweichungen werden toleriert, substanzielle und nicht gerechtfertigte Verstöße führen dagegen zu einem dauerhaften Verlust der steuerlichen Begünstigung.
Vermögensübergabeverträge bieten erhebliche steuerliche Gestaltungspotenziale, setzen aber ein hohes Maß an rechtlicher und steuerlicher Sorgfalt voraus. Die Planung muss nicht nur den Vertragsinhalt berücksichtigen, sondern auch die langfristige Durchführung sicherstellen. Wer hier von Beginn an klare Regelungen trifft, Änderungen nur auf vertraglicher Grundlage vornimmt und jede Phase der Durchführung dokumentiert, kann den Sonderausgabenabzug dauerhaft sichern. Fehler in diesem sensiblen Bereich hingegen führen nicht selten zu teuren und irreversiblen Konsequenzen. Für Übergeber wie Übernehmer gilt deshalb gleichermaßen: Ohne fachkundige Beratung sollte ein solcher Vertrag weder abgeschlossen noch in seiner Durchführung geändert werden. Die WWS-Gruppe steht für die umfassende Beratung im gesamten Erbrecht, unter anderem bei der Testamentsgestaltung und der Gestaltung von Erbverträgen.
Korrespondenz mit:
Geschäftsführerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
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