05.2022

Unternehmerische Beteiligungen: Gewerbliche Aufwärtsinfektion vermeiden

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer setzen in ihrer Vermögensverwaltung auf unternehmerische Beteiligungen und setzen dafür eine vermögensverwaltende Personengesellschaft ein. Das Problem: Es sollte im Beteiligungsmanagement nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb durch gewerbliche Abfärbung kommen. Das kann sonst steuerlich nachteilig werden.

Für operativ tätige Unternehmer stellt die Beteiligung an anderen Unternehmen einen interessanten Aspekt in ihrer (privaten) Vermögensverwaltung dar. Das gilt vor allem in Zeiten stark volatiler Aktienmärkte und nicht mehr vorhandener Zinsen auf Tagesgeld, sichere Anleihen und Co. Die Praxis zeigt, dass unternehmerische Renditen jenseits der zehn Prozent im Mittelstand keine Seltenheit sind, sodass ein Portfolio an Unternehmensbeteiligungen vielfach eine attraktive und langfristige Ertragsquelle darstellen kann.

Als Rechtsform für die Verwaltung von unternehmerischen Beteiligungen (aber auch Immobilien) wird regelmäßig die vermögensverwaltende Personengesellschaft eingesetzt. Damit kann steuerliches Privatvermögen mit den Vorteilen des Gesellschaftsrechts administriert werden. Für die vermögensverwaltende Personengesellschaft werden vor allem die GbR und Mischformen wie die GmbH & Co. KG eingesetzt. Kurz gesagt: die vermögensverwaltende Personengesellschaft verwaltet ausschließlich eigenes Kapitalvermögen oder eigenes unbewegliches Vermögen und ist nicht gewerblich tätig im Sinne des Gesetzgebers. Daher schuldet sie für die Erträge aus der Vermögensverwaltung auch keine Gewerbesteuer. Auf die Kapitalerträge fällt im Regelfall (wie im direkt gehaltenen Privatvermögen) die Abgeltungssteuer an.

BFH: Vorschriften die vermögensverwaltende Personengesellschaft

Aber: keine Regel ohne Ausnahme. Denn um die steuerlichen Vorteile der lediglich vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu nutzen, müssen sehr enge Grenzen eingehalten werden. Das hat der Bundesfinanzhof im Jahr 2019 deutlich gemacht (vgl. BFH-Urteil vom 6.6.2019, IV R 30/16). Unter dem Titel „Eingeschränkte Abfärbewirkung bei Beteiligungseinkünften einer Personengesellschaft“ haben die obersten Finanzrichter deutlich gemacht, welchen Vorschriften die vermögensverwaltende Personengesellschaft unterliegt, um tatsächlich als vermögensverwaltend im privaten Sinne zu gelten.

Es wurde der Fall einer KG verhandelt, die hauptsächlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen erzielte. Daneben wurden ihr in geringem Umfang (negative) gewerbliche Einkünfte aus Beteiligungen an anderen Personengesellschaften zugerechnet. Das wiederum hat dazu geführt, dass alle Einkünfte dieser vermögensverwaltenden Personengesellschaft als gewerbliche Einkünfte zu besteuern sind.

Warum das so ist: Auch wenn die Beteiligung an einer sogenannten Untergesellschaft und die Höhe der daraus erzielten Einkünfte ihrem Umfang nach geringfügig sind, erhält die vermögensverwaltende Personengesellschaft gewerblichen Charakter. Diese Regelung gilt bereits seit 2007.

Risiko: Einlage sämtlicher Wirtschaftsgüter in steuerlich verhaftetes Betriebsvermögen

Einkünfte einer Personengesellschaft aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen aufgrund zusätzlicher gewerblicher Beteiligungseinkünfte bei der Einkommensteuer werden folglich in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert. Damit verlieren sie den Status der privaten Vermögensverwaltung. Das Stichwort ist die „gewerbliche Aufwärtsinfizierung“: Sobald eine Untergesellschaft (die Beteiligung) auch nur geringfügig gewerblich tätig ist, bezieht die vermögensverwaltende Personengesellschaft als sogenannte Obergesellschaft automatisch und uneingeschränkt gewerbliche Einkünfte und verliert dadurch ihren Status als nicht-gewerbliche Gesellschaftsform – auch wenn die vermögensverwaltende Personengesellschaft selbst keine gewerblichen Tätigkeiten erbringt.

Vor allem führt diese Umqualifizierung der Einkünfte zur Einlage sämtlicher Wirtschaftsgüter der Obergesellschaft in ein steuerlich verhaftetes Betriebsvermögen. Das bedeutet, dass deren Veräußerung oder Entnahme als laufender Geschäftsvorfall der Besteuerung unterliegt, was insbesondere bei Immobilienverkäufen zu ungewollten steuerlichen Rechtsfolgen führen kann. Generell bedeutet diese Konstellation, dass jede noch so geringe Beteiligung an einer gewerblichen Untergesellschaft mit noch so geringen daraus bezogenen Einkünften uneingeschränkt zu gewerblichen Einkünften der Obergesellschaft und somit der Einlage sämtlicher Wirtschaftsgüter der Obergesellschaft in das steuerlich verhaftete Betriebsvermögen führt.

Weitreichende Herausforderungen im Beteiligungsmanagement

Es wird auch keine Bagatellgrenze anerkannt. Alle Einkünfte einer nicht selbst gewerblich tätigen oder geprägten Personengesellschaft, wie die der vermögensverwaltenden Personengesellschaft, sind dann als gewerbliche Einkünfte zu besteuern, wenn diese wiederum an einer gewerblichen tätigen Gesellschaft beteiligt ist.

Das führt zu weitreichenden Herausforderungen im Beteiligungsmanagement und verkompliziert das Investmentgeschäft von vermögensverwaltenden Personengesellschaft erheblich. Investorinnen und Investoren müssen bei der Auswahl ihrer Beteiligungen durch das Urteil größtmögliche steuerliche Vorsicht walten lassen und möglicherweise alternative Rechtsformen dafür finden, um die Rendite der unternehmerischen Beteiligungen nicht durch unnötige steuerliche Belastungen zu reduzieren. Daher benötigen sie eine weitreichende Gestaltungsberatung – die Gestaltung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft wird definitiv komplexer.

Sollten Sie Unterstützung bei der Gestaltung Ihrer vermögensverwaltenden Personengesellschaft benötigen, unterstützen die Steuerberater der WWS-Gruppe.

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Sebastian Loosen
Geschäftsführer, Diplom-Kaufmann (FH), Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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