06.2024

Unternehmensnachfolge: Steuerliche Erleichterung für Handelsunternehmen

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs können bei Handelsunternehmen betrieblich veranlasste Schulden von den Finanzmitteln abgezogen werden. Damit können diese Unternehmen leichter schenkung- und erbschaftsteuerliche Übertragungen vornehmen.

Für viele Unternehmensinhaber und deren familiäre Nachfolger ist die unentgeltliche Übertragung von Unternehmensvermögen ein wesentliches Thema. Bekanntlich wird die Unternehmensnachfolge steuerlich begünstigt, um die Fortführung des Unternehmens zu erleichtern und Arbeitsplätze zu erhalten. Dabei ist eine Reduzierung von bis zu 100 Prozent möglich, wenn das Unternehmen bestimmte Bedingungen erfüllt. Eine wichtige Bedingung für die Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen ist der Erhalt von Arbeitsplätzen. Der Erwerber muss die Summe der Lohnsummen über einen bestimmten Zeitraum auf einem bestimmten Niveau halten, um die volle Steuerbegünstigung zu erhalten. Um die steuerlichen Vergünstigungen nicht zu verlieren, muss der Erwerber das Unternehmen oder die betrieblichen Vermögenswerte über einen bestimmten Zeitraum weiterführen. Dieser Zeitraum beträgt in der Regel fünf bis sieben Jahre. Und: Bestimmte Vermögensarten, die als Verwaltungsvermögen gelten (zum Beispiel vermietete Immobilien), können unter Umständen die Begünstigungen einschränken.

90 %-Einstiegstest als Hürde für Unternehmen

Das Problem für viele Unternehmen: Auch Finanzmittel gehören zum nicht begünstigten Verwaltungsvermögen, wenn diese – nach Abzug von Verbindlichkeiten - mehr als 15 Prozent des maßgebenden Unternehmenswerts betragen. Der übersteigende Teil an Finanzmitteln ist nach Auffassung des Gesetzgebers nicht betriebsnotwendig und daher nicht begünstigungswürdig. Danach gehören zu den Finanzmitteln neben Geld, Sichteinlagen, Spareinlagen und Feldgeldkonten auch Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Forderungen an verbundene Unternehmen.

Als Einstiegstest für die Begünstigung bei der Schenkung- beziehungsweise Erbschaftsteuer ist der sogenannte 90 %-Test (nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Demnach scheidet jede Begünstigung vollumfänglich aus, wenn das begünstigungsfähige Vermögen zu mindestens 90 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Hierzu ist der Wert des Verwaltungsvermögens als Bruttogröße (vor Schuldenverrechnung) ins Verhältnis zum Wert des begünstigungsfähigen Vermögens (Unternehmenswert als Nettogröße) zu setzen. Diese Berechnungsweise kann also insbesondere bei Unternehmen, die über einen hohen Finanzmittelbestand verfügen, zu Problemen führen.

Handelsunternehmen können betrieblich veranlasste Schulden von Finanzmitteln abziehen

So geschehen bei einem pharmazeutischen Handelsunternehmen mit Tätigkeit in Vertrieb und Forschung (in der Rechtsform der GmbH). Sämtliche Anteile waren vom Vater auf die Tochter durch notariell beurkundeten Vertrag übergegangen, worauf das Finanzamt zunächst Schenkungsteuer in Höhe von 51.675 Euro und später in Höhe von 197.334 Euro festsetzte. Der Grund: Nach dem 90 %-Einstiegstest könne aufgrund der hohen Finanzmittel in Höhe von mehr als 2,5 Millionen Euro keine Begünstigung gewährt werden.

Der Bundesfinanzhof hat der Klägerin und Unternehmensnachfolgerin schließlich Recht gegeben, nachdem auch das Finanzgericht Münster dem Ansinnen der Klägerin auf Gewährung der Regelverschonung für Betriebsvermögen stattgegeben hatte. Die wortlautgetreue Anwendung der im ErbStG verankerten Berechnungsformel führe grundsätzlich dazu, dass begünstigungsfähiges Betriebsvermögen von Handelsunternehmen, deren Hauptzweck in einer gewerblichen Tätigkeit bestehe und die am Tag der Entstehung der Steuer über einen hohen Bestand an Finanzmitteln verfügten, in vollem Umfang von der erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Begünstigung ausgeschlossen sei. Im Kern können daher bei typischen Handelsunternehmen für den 90 %-Einstiegstest die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln abgezogen werden. Dies sei aus systematischen und verfassungsrechtlichen Gründen geboten und widerspreche auch nicht dem Anliegen/Ziel des Gesetzgebers, durch den 90 %-Einstiegstest den Missbrauch der Begünstigung von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG zu verhindern.

Wer diese Probleme umgehen will, sollte sich bei der steuerlichen Gestaltung der Unternehmensnachfolge gut beraten lassen. Die Expert:innen für Erbrecht der WWS-Gruppe stehen für solche Fragen jederzeit zur Verfügung und unterstützen bei sämtlichen rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen.

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Stephanie Thomas
Geschäftsführerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
E-Mail: sthomas@wws-mg.de

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