12.2024
Pflichtteilsrecht bei der Unternehmensnachfolge: Wie Unternehmer Risiken vermeiden und den Fortbestand sichern
Das Pflichtteilsrecht stellt Unternehmensinhaber bei der Nachfolgeplanung vor erhebliche Herausforderungen. Pflichtteilsansprüche können die finanzielle Stabilität eines Unternehmens gefährden und zu Liquiditätsengpässen führen. In diesem Beitrag wird erläutert, welche Risiken bestehen, wenn Pflichtteilsberechtigte Ansprüche geltend machen, und welche Strategien helfen, diese Risiken zu minimieren. Ein gut durchdachtes Nachfolgekonzept, das Testament, Gesellschaftsvertrag und Pflichtteilsverzicht vereint, bietet die nötige Sicherheit, um das Unternehmen erfolgreich in die nächste Generation zu überführen.
Das Pflichtteilsrecht stellt eine der größten Herausforderungen dar, wenn es um die Unternehmensnachfolge geht. Es betrifft vor allem Unternehmerfamilien, die ihr Unternehmen in die nächste Generation überführen wollen. Das Pflichtteilsrecht garantiert bestimmten Erben, wie beispielsweise Kindern oder dem Ehepartner, einen gesetzlichen Mindestanteil am Nachlass, unabhängig vom letzten Willen des Erblassers. Für Unternehmensinhaber kann dies zum Problem werden, da Pflichtteilsansprüche finanzielle Mittel beanspruchen können, die im Unternehmen gebunden sind, und damit die Stabilität oder sogar die Existenz des Unternehmens gefährden. Das Pflichtteilsrecht sieht vor, dass der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf eine Geldzahlung in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils hat. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer bereits einen oder mehrere Erben im Testament bedacht hat und andere Erben aufgrund der Unternehmensnachfolge enterbt wurden. Gerade dann, wenn ein Unternehmensanteil oder das gesamte Unternehmen im Nachlass ist, können diese Pflichtteilsansprüche erhebliche finanzielle Belastungen für das Unternehmen mit sich bringen. Der Übernehmer des Unternehmens könnte gezwungen sein, Unternehmensanteile zu veräußern oder Schulden aufzunehmen, um die Ansprüche zu befriedigen.
Was ist, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht mit der unternehmerischen Tätigkeit vertraut ist?
Ein konkretes Risiko bei der Unternehmensnachfolge besteht darin, dass durch die Pflichtteilsansprüche liquide Mittel aus dem Unternehmen abgezogen werden müssen. Viele mittelständische Unternehmen sind nicht in der Lage, hohe Pflichtteilszahlungen aus ihren laufenden Einnahmen zu leisten, da das Kapital im Unternehmen gebunden ist, beispielsweise für Investitionen oder Betriebskosten. Kommen Pflichtteilsansprüche hinzu, kann dies zu Liquiditätsengpässen führen, die das Unternehmen im schlimmsten Fall in seiner Existenz bedrohen. Ein weiteres Risiko entsteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht mit der unternehmerischen Tätigkeit vertraut ist oder kein Interesse an einer aktiven Beteiligung am Unternehmen hat. Wird dieser Erbe gegen seinen Willen durch das Pflichtteilsrecht begünstigt, könnte er das Unternehmen durch den Verkauf seines Anteils oder die Forderung nach einer finanziellen Auszahlung belasten. Ein solcher Schritt kann nicht nur das wirtschaftliche Gleichgewicht des Unternehmens ins Wanken bringen, sondern auch Konflikte innerhalb der Familie oder der Unternehmensleitung verursachen.
Pflichtteilsverzicht ist ein starkes Instrument
Um diese Risiken abzumildern, sollten Unternehmensinhaber frühzeitig Maßnahmen ergreifen, um die Unternehmensnachfolge zu planen und das Pflichtteilsrecht zu berücksichtigen. Eine Möglichkeit besteht darin, bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte auf den künftigen Nachfolger zu übertragen. Dies kann in Form von Schenkungen oder durch die Gründung einer Familienstiftung geschehen, wobei das Unternehmen rechtlich aus dem Nachlass herausgenommen wird. Auf diese Weise können Pflichtteilsansprüche minimiert werden, da das Unternehmen nicht mehr Teil der zu vererbenden Masse ist. Darüber hinaus besteht die Option, Pflichtteilsverzichte mit den potenziellen Pflichtteilsberechtigten zu vereinbaren. In einem solchen Vertrag verzichtet der Pflichtteilsberechtigte auf seinen Pflichtteil zugunsten des Unternehmensnachfolgers. Solche Vereinbarungen zwischen Erblasser und Verzichtendem müssen notariell beurkundet werden. Der Pflichtteilsverzicht ist ein starkes Instrument, das verhindern kann, dass nach dem Tod des Unternehmensinhabers hohe Zahlungen fällig werden, die die Nachfolge gefährden.
Eine weitere Strategie ist die sogenannte Pflichtteilsklausel im Testament. Hierbei wird den Pflichtteilsberechtigten ein Erbanteil zugewiesen, der sie zwar als Erben mindestens in Höhe des Wertes eines möglichen Pflichtteilsanspruchs berücksichtigt, aber so gestaltet ist, dass der Nachfolger nicht mit untragbaren finanziellen Belastungen konfrontiert wird. Dieser Weg birgt den Vorteil, dass Konflikte innerhalb der Familie vermieden werden, da alle Pflichtteilsberechtigten zumindest in Höhe ihres Pflichtteils am Erbe beteiligt werden. Zudem können Unternehmer auf eine abgestimmte Kombination aus Testament, Gesellschaftsvertrag und Ehevertrag setzen. Durch die rechtliche Gestaltung dieser Dokumente lässt sich die Unternehmensnachfolge planen und der Schutz des Unternehmens vor Pflichtteilsansprüchen sichern. Ein gut abgestimmtes Nachfolgekonzept berücksichtigt nicht nur die Vermögenswerte des Unternehmens, sondern auch familiäre und unternehmerische Interessen.
Unternehmensinhaber müssen Risiken des Pflichtteilsrechts bei der Unternehmensnachfolge ernst nehmen
Am Beispiel eines familiengeführten Unternehmens, das über Generationen hinweg erfolgreich Maschinen produziert, wird deutlich, wie gravierend die Auswirkungen eines Pflichtteilsanspruchs sein können. Wenn der Unternehmensinhaber beispielsweise zwei Kinder hat, aber nur eines der Kinder das Unternehmen weiterführen möchte, stellt sich die Frage, wie der Anspruch des anderen Kindes auf den Pflichtteil finanziert werden soll. Hier könnte die Liquidität des Unternehmens ernsthaft gefährdet sein, wenn nicht frühzeitig Vorsorge getroffen wird. Die Folge könnte sein, dass das Unternehmen gezwungen ist, Kredite aufzunehmen oder der Erbe Anteile verkaufen muss, um den Anspruch zu bedienen. In einem solchen Fall wäre es sinnvoll, dass der Unternehmer durch eine kluge Nachlassplanung das Unternehmen bereits zu Lebzeiten an den Nachfolger übergibt oder Pflichtteilsverzichte mit dem nicht unternehmensinteressierten Kind aushandelt. So kann gewährleistet werden, dass das Unternehmen in der Familie bleibt und der wirtschaftliche Erfolg nicht durch Pflichtteilsansprüche gefährdet wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Unternehmensinhaber die Risiken des Pflichtteilsrechts bei der Unternehmensnachfolge ernst nehmen müssen. Eine vorausschauende Planung, die auf individuell abgestimmte Lösungen setzt, ist unerlässlich, um das Fortbestehen des Unternehmens zu sichern und potenzielle finanzielle Engpässe zu vermeiden. Pflichtteilsverzichte, Schenkungen und eine gezielte Gestaltung von Testament und Gesellschaftsvertrag bieten Möglichkeiten, die Unternehmensnachfolge zu sichern und gleichzeitig familiäre Interessen zu wahren. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Unternehmen auch nach dem Tod des Inhabers stabil bleibt und in die nächste Generation übergeht.
Wer diese Probleme umgehen will, sollte sich bei der Gestaltung der Unternehmensnachfolge gut beraten lassen. Die Expert:innen für Erbrecht der WWS-Gruppe stehen für solche Fragen jederzeit zur Verfügung und unterstützen bei sämtlichen rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen.
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