06.2020

Notfallkoffer für Unternehmer schützt vor vielen Risiken

Die typische Konstellation in deutschen Familienunternehmen ist das Zusammenfallen von Gesellschafter und Geschäftsführer – der Eigentümer des Unternehmens ist üblicherweise auch der Geschäftsführer. Damit sind die operative und die gesellschaftsrechtliche Ebene vollständig miteinander verbunden. Das kann zwar zu Erleichterungen führen, weil Entscheidungen keinerlei Abstimmungsprozesse unterliegen. Aber gleichermaßen groß sind auch die Risiken, denn der Ausfall des Unternehmers durch Krankheit, Unfall oder Tod betrifft immer sofort beide Bereiche.

Dann steht das Unternehmen von Jetzt auf Gleich ohne operative, strategische und rechtliche Führung dar. Das führt zu erheblichen Fortführungsbedenken: Denn es bestehen bei jeder Art von Unternehmen – ob Personen- oder Kapitalgesellschaft – rechtliche Vorschriften, die dringend erfüllt werden müssen, sollen sie weiter existieren. Dazu zählen beispielsweise unternehmerisch existenzielle Tätigkeiten wie die ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung, die rechtzeitige Aufstellung des Jahresabschlusses und die Erfüllung aller Pflichten gegenüber dem jeweiligen Sozialversicherungsträger. Auch wenn diese und andere Aufgabe von Dienstleistern wie dem Steuerbüro erfüllt werden, bedarf es eingehender Kontrolle und oftmals der persönlichen Unterzeichnung. Ist die ordnungsgemäße Geschäftsführung nicht sichergestellt, kann das Gericht eine Notgeschäftsführung anordnen, um die Handlungsfähigkeit einer Gesellschaft zu wahren. Damit werden die Möglichkeiten der Familie des Geschäftsführer-Gesellschafters, auf das Unternehmen Einfluss zu nehmen, wesentlich beschnitten – und natürlich stellen sich entsprechende Fragen zur Unternehmensnachfolge.

Notfallkoffer: bedarfsgerecht vorbereitet und stets aktuell

Die Problematik des Notfallmanagements wird jedoch gerne verdrängt, Gestaltungen mit Weitsicht, die existenzielle Risiken in Betracht ziehen, finden sich selten. Umso tragischer ist es dann, wenn die Unternehmensnachfolge durch Tod und Krankheit erfolgt – ohne jede entsprechende Vorplanung. Daher gehört für Unternehmer das „Packen“ des sogenannten Notfallkoffers zu den wesentlichen Aufgaben. Er kann helfen, solche Situationen in den Griff zu bekommen. Wichtig: Es gibt dabei nicht „den“ allgemeinen und richtigen Notfallkoffer, der für jedes Unternehmen passt. Der Notfallkoffer muss vielmehr bedarfsgerecht vorbereitet werden und stets aktuell sein.

In dem Notfallkoffer hinterlegt der Geschäftsführer-Gesellschafter typischerweise Handlungsanweisungen für den Umgang mit dem Unternehmen, sammelt alle notwendigen Unterlagen (Vollmachten, Versicherungen, Verträge etc.), stellt physische und digitale Zugangsmöglichkeiten und eine Liste mit Kontakten zur Verfügung, zu der die wesentlichen Berater und Partner gehören, die in einer Notsituation verschiedene Aufgaben übernehmen und die Familie unterstützen können. Dazu zählen natürlich vor allem Rechtsanwalt und Steuerberater/Wirtschaftsprüfer und gegebenenfalls beispielsweise auch die spezialisierte Unternehmensberatung, die interimistische Managementaufgaben übernehmen und auch einen angestellten Dauergeschäftsführer finden kann. Ebenso sollte das Testament Teil des Notfallkoffers sein.

Testament: Gesetzliche Erbfolge nicht immer ideal

Apropos Testament: Ohne testamentarische Vorsorge sind neben einem etwaigen Ehegatten ausschließlich die leiblichen (oder angenommenen) Kinder erbberechtigt. Ohne Kinder sind die Eltern beziehungsweise falls die Eltern bereits verstorben sind, die Geschwister erbberechtigt. Gibt es keine Geschwister, erbt die entferntere Verwandtschaft. Unternehmer sollten sich daher fragen, ob dies die ideale Gestaltung darstellt oder andere Formen gefunden werden müssen, um das Unternehmen und das damit verbundene Vermögen im Todesfall weiterzugeben. Die gesetzliche Erbfolge ist beispielsweise bei minderjährigen Kindern nicht immer ideal. Dann ist es besser, andere Regelungen zu finden, um das Vermögen nicht zu zersplittern. Daher ist für junge Unternehmer oft die gegenseitige Erbeinsetzung über das sogenannte Berliner Testament die erste Wahl, um das Notwendige abzusichern. Im Laufe der Jahre kann und sollte dies dann zwar immer wieder hinterfragt und angepasst werden, für die frühen Jahre bildet dieses aber oft die sicherste Lösung – schließlich handelt es sich beim Testament im Rahmen des Notfallmanagements ebenso um ein Notfalltestament, das zunächst Schäden so gering wie möglich halten und Zukunft ermöglichen soll.

Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass gesellschaftsrechtliche Regelungen die erbrechtlichen Regelungen zum Teil aushebeln können. Das bedeutet, dass anderslautende Regelungen im Gesellschaftsvertrag gegebenenfalls dazu führen können, dass die Bestimmungen des Testaments nicht umgesetzt werden können. Daher sollte das Testament immer mit dem Gesellschaftsvertrag in Einklang gebracht werden. 

Regelung der Unternehmensführung und Nachfolge

Bei der Gestaltung des Notfallkoffers sollte immer zwischen den „Kann“-Maßnahmen und den zwingend nötigen „Muss“-Maßnahmen unterschieden werden. Zwingend sind im akuten Fall die Sicherung der Handlungsfähigkeit und des Unternehmensfortbestandes (Regelung der Unternehmensführung und Erbfolge/Nachfolge). Die Bewahrung des betrieblichen Wissens und der Unternehmenskultur ist eine weitere Maßnahme des Notfallmanagements und kann über Regelungen im Gesellschaftsvertrag erfolgen.

Zusammengefasst bedeutet das: Ein Risiko-Management-System in Form eines Notfallkoffers bietet mit relativ wenig Aufwand in der Praxis eine wertvolle Unterstützung gerade für diese erste Phase nach dem Tod des Unternehmers. Der Erblasser ermöglicht so den Erben, Firmenangehörigen und weiteren Beteiligten, leichter und ohne langes Suchen, den Überblick zu behalten, um schnell die notwendigen Entscheidungen treffen zu können. 

Die Experten der WWS-Gruppe haben alle Details zum Notfallmanagement für Unternehmen in einem umfangreichen Beitrag gesammelt. Dieser ist hier kostenfrei abrufbar.

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Stephanie Thomas
Geschäftsführerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
E-Mail: s.thomas@wws-gruppe.de

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