07.2021
Neue Regeln für Tätigkeiten in den Niederlanden
Seit 1. März 2020 unterliegen ausländische Unternehmer und Arbeitnehmer für Tätigkeiten in den Niederlanden unter bestimmten Bedingungen einer Online-Meldepflicht. Dienstleister und ihre Auftraggeber riskieren Bußgelder in Höhe von 12.000 Euro pro Verstoß, wenn die Meldung nicht vorgenommen wird oder zu spät oder unvollständig eintrifft. Vorteilhaft sind die weitreichenden Ausnahmen.
Die Niederlande sind einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Knapp 22 Prozent der niederländischen Exporte gehen nach Deutschland (2019: 98,5 Milliarden Euro), fast 18 Prozent der Importe stammen aus Deutschland (2019: 91,6 Milliarden Euro). Die Niederlande belegen Platz 2 bei den wichtigsten Lieferländer Deutschlands sowie Platz 4 bei den wichtigsten Abnehmerländern. Und gerade für die grenznahe nordrhein-westfälische Wirtschaft sind die Niederlande extrem wichtig: 2017 wurden Waren im Wert von 37,5 Milliarden Euro nach NRW importiert, während umgekehrt Güter im Wert von 20 Milliarden Euro in die Niederlande exportiert wurden.
Das bedeutet natürlich auch, dass Unternehmer und Arbeitnehmer regelmäßig in den Niederlanden aktiv sind. Seit 1. März 2020 müssen sie besondere Bestimmungen beachten. Seither gilt eine Online-Meldepflicht auf dem Portal postedworkers.nl für Entsendungen aus dem EU-Ausland. Um eine Entsendung handelt es sich, wenn ein ausländischer Arbeitgeber aus der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder der Schweiz seine(n) Arbeitnehmer vorübergehend in die Niederlande entsendet, um für einen niederländischen Dienstleistungsempfänger eine Dienstleistung zu erbringen oder einen Auftrag auszuführen.
Meldepflichtig sind daher Arbeitgeber, die mit eigenem Personal in die Niederlande kommen, multinationale Unternehmen, die Mitarbeiter in eine eigene Niederlassung in den Niederlanden entsenden, Leiharbeitsunternehmen, die Leiharbeitnehmer in den Niederlanden zur Verfügung stellen und Selbständige, die in bestimmten Wirtschaftszweigen tätig sind.
Illegale Beschäftigung und Scheinselbstständigkeit ausländischer Arbeitskräfte eindämmen
Der Hintergrund: Ähnlich wie im Nachbarland Belgien soll diese Regelungen künftig dafür sorgen, illegale Beschäftigung und Scheinselbstständigkeit ausländischer Arbeitskräfte einzudämmen. Grundlage hierfür sind die Richtlinie 96/71 sowie die dazugehörige Durchsetzungsrichtlinie EU 2014/67. Demnach können Mitgliedstaaten ausländische Arbeitgeber zu einer solchen Online-Meldung verpflichten. Dienstleister und ihre Auftraggeber riskieren Bußgelder in Höhe von 12.000 Euro pro Verstoß, wenn die Meldung nicht vorgenommen wird oder zu spät oder unvollständig eintrifft.
Die Meldung auf dem Online-Portal postedworkers.nl gilt für Arbeitnehmer und Selbständige, sofern sie in den Bereichen Landwirtschaft, Baugewerbe, Gesundheitswesen, Nahrungsmittelindustrie, (Glas-)Reinigung, Metallsektor oder im Güterkraftverkehr tätig werden. Von der Meldepflicht befreit sind Erstmontagen und Erstinstallation im Rahmen von Inbetriebnahmen gelieferter Güter, sofern der Umfang der Tätigkeit acht Tage nicht überschreitet. Auch dringende Wartungsarbeiten oder Reparaturen an Werkzeugen, Maschinen oder Geräten, die vom Dienstleister an den Dienstleistungsempfänger geliefert wurden, sind unter bestimmten Bedingungen meldefrei, genau wie die Teilnahme an geschäftlichen Besprechungen, Vertragsabschlüssen oder wissenschaftlichen Kongressen. Ausgenommen von dieser Regelung wiederum sind Tätigkeiten im Baugewerbe, die ab dem ersten Tag meldepflichtig sind.
Gesetzlichen Mindestlohn in den Niederlanden einhalten
Dazu kommt: Laut der neuen Meldepflicht sind Entsendebetriebe für die Dauer der Entsendung dazu verpflichtet, den in den Niederlanden gültigen allgemeinen Mindestlohn oder bei Vorliegen eines Tarifvertrages den im Tarifvertrag genannten Mindestlohn zu zahlen. Der gesetzliche Mindestlohn beträgt 1684,40 Euro pro Monat beziehungsweise 77,76 Euro am Tag. Insofern können die seit rund 16 Monaten gültigen Regelungen für Unternehmen mit grenzüberschreitenden Geschäften zu erheblichem Mehrwert in der Planung und Verwaltung führen. Es ist also geboten, die Meldepflichten genau zu analysieren und mit dem steuerlichen beziehungsweise rechtlichen Berater zu diskutieren.
Vorteilhaft sind die weiteren Ausnahmen für Kleinbetriebe mit maximal neun Mitarbeitern und meldepflichtige Selbständige, deren Geschäftssitz weniger als 100 Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt ist. Sie können eine einmalige Meldung pro Kalenderjahr vornehmen. Damit sind viele Unternehmen von dem kontinuierlichen Meldeverfahren befreit.
Entsendungsbescheinigung A1 weiterhin verpflichtend
Mit dem neuen Meldeverfahren verknüpft ist die Entsendungsbescheinigung A1. Sie dient als Nachweis einer deutschen Sozialversicherungspflicht und ist für Unternehmer und Arbeitnehmer bei allen beruflichen Auslandseinsätzen zwingend vorzuhalten. Der Arbeitnehmer müsse sich dann nicht bei der Sozialversicherung des ausländischen Staates anmelden, aber die A1-Bescheinigung bei einer entsprechenden Prüfung durch die ausländischen Behörden nachweisen.
Wichtig: Selbst für eine nur wenige Stunden andauernde Dienstreise ins Ausland ist die Ausstellung der Entsendebescheinigung A1 erforderlich. Eine zeitliche Toleranzgrenze sehen die Rahmenbedingungen nicht vor. Will heißen: Jedes Meeting, jeder Workshop, selbst das Tanken während der Dienstzeit im Ausland erfordert eine A1-Bescheinigung.
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