06.2024

Hinterbliebenenrente: Steuerlicher Verlustvortrag wird nicht anerkannt

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass ein Verlustvortrag nach § 10d Einkommensteuergesetz bei der Anrechnung von Arbeitseinkommen auf eine Hinterbliebenenrente nicht zu berücksichtigen ist.

Die Hinterbliebenenrente ist eine Form der Sozialleistung, die dazu dient, Angehörige von Verstorbenen finanziell abzusichern. In Deutschland gibt es verschiedene Arten von Hinterbliebenenrenten, zu denen unter anderem die Witwenrente, Witwerrente und Waisenrente gehören. Diese Renten werden in der Regel von der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt und setzen voraus, dass der verstorbene Ehepartner oder Elternteil die erforderlichen Mindestversicherungszeiten erfüllt hatte. Die Höhe der Rente hängt von den eingezahlten Rentenbeiträgen des Verstorbenen sowie von weiteren Faktoren wie dem Alter und der Erwerbsfähigkeit der Hinterbliebenen ab.

Einkommen ohne Berücksichtigung des Verlustvortrags auf die Hinterbliebenenrente

Zuletzt ist es aus steuerlicher Hinsicht zu einem Urteil vor dem Bundessozialgericht (Az.: B 5 R 3/23 R) gekommen. Der Fall laut Bundessozialgericht: Die 1952 geborene Klägerin bezieht seit Januar 1992 eine Witwenrente von der Beklagten. Sie unterhält einen Gewerbebetrieb als Schaustellerin. In den Jahren 2007 bis 2016 erzielte sie positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das zuständige Finanzamt zog hiervon jeweils einen Verlustvortrag aus den negativen Einkünften in der Vergangenheit ab und setzte die Einkommensteuer für die Jahre 2007 bis 2016 auf jeweils 0 Euro fest. Die Beklagte, die 2017 Kenntnis von dieser selbstständigen Tätigkeit erlangte, berechnete die Witwenrente der Klägerin rückwirkend ab Januar 2007 neu und verlangte die Erstattung von über 12.600 Euro. Dabei rechnete sie das Einkommen der Klägerin ohne Berücksichtigung des Verlustvortrags auf die Hinterbliebenenrente an.

Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht hat ausgeführt, bei der Bestimmung des auf die Witwenrente anzurechnenden Arbeitseinkommens sei ein jahresübergreifender Verlustvortrag nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin rügt eine Verletzung des § 18a Absatz 2a Sozialgesetzbuch Viertes Buch. Bei einer am Sinn und Zweck der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten orientierten Auslegung müsse ein im Einkommensteuerrecht anerkannter Verlustvortrag berücksichtigt werden. Ein Gewerbetreibender könne ein vergleichsweise hohes Einkommen nicht vollständig für seinen Unterhalt im Zuflussjahr nutzen, sondern müsse die in der Vergangenheit erwirtschafteten Verluste ausgleichen, zum Beispiel durch die Rückführung von Darlehen.

Für Einkommensanrechnung grundsätzlich alle Arten von Arbeitseinkommen berücksichtigen

Und wie die Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht entschieden, dass im Rahmen der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten ein Verlustvortrag nach § 10d Absatz 2 Einkommensteuergesetz nicht einzubeziehen ist. Das heißt: Ein von der Finanzverwaltung anerkannter Verlustvortrag bleibt bei der Bestimmung des auf eine Witwenrente anzurechnenden Arbeitseinkommens unberücksichtigt. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass für die Einkommensanrechnung grundsätzlich alle Arten von Arbeitseinkommen berücksichtigt werden. Das Außer-Acht-Lassen eines steuerlichen Verlustvortrags entspricht schließlich dem Sinn und Zweck der Hinterbliebenenversorgung. Diese dient als Ersatz des Unterhalts, der aufgrund des Todes des Versicherten nicht mehr geleistet wird. Eigenes Einkommen des Hinterbliebenen wird in einem bestimmten Umfang angerechnet, weil der Hinterbliebene sich dadurch ganz oder zumindest teilweise selbst unterhalten kann. Abzustellen ist dabei auf das verfügbare Einkommen. Dass ein Hinterbliebener berechtigt ist, seine Einkommensteuerpflicht im Veranlagungszeitraum zu mindern, indem er negative Einkünfte aus im Einzelfall weit zurückliegenden früheren Veranlagungszeiträumen in Abzug bringt, sagt nichts über seine aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus, heißt es beim Bundessozialgericht.

Verlustvortrag wirkt sich direkt auf die steuerliche Bemessungsgrundlage aus

Der Verlustvortrag ist ein steuerrechtliches Instrument, das es Unternehmen und Privatpersonen ermöglicht, nicht ausgeglichene Verluste in einem Steuerjahr auf zukünftige Steuerjahre zu übertragen. Das bedeutet, dass diese Verluste mit zukünftigen Gewinnen oder Einkommen verrechnet werden können, um die Steuerlast zu mindern. Verlustvorträge entstehen häufig bei Startups oder Unternehmen in Umstrukturierung, die in den ersten Jahren Verluste schreiben, aber auch bei Privatpersonen im Rahmen von Kapitalverlusten oder Ausgaben für die Vermietung und Verpachtung. Der Verlustvortrag wirkt sich direkt auf die steuerliche Bemessungsgrundlage aus und kann so zu einer erheblichen Steuerersparnis führen. Wenn zum Beispiel ein Unternehmen oder eine Privatperson in einem Jahr einen Verlust von 20.000 Euro hat und im darauffolgenden Jahr einen Gewinn von 50.000 Euro erzielt, kann der Verlust vorgetragen werden. Der zu versteuernde Gewinn würde somit nur 30.000 Euro betragen. Dies reduziert nicht nur die sofortige Steuerlast, sondern kann auch helfen, Liquidität zu bewahren oder in wirtschaftlich schwierigen Zeiten finanziell überlebensfähig zu bleiben.

Die Expert:innen für Erbrecht der WWS-Gruppe stehen für solche Fragen jederzeit zur Verfügung und unterstützen bei sämtlichen rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen.

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Stephanie Thomas
Geschäftsführerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
E-Mail: sthomas@wws-mg.de

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