02.2025
Grunderwerbsteuer und Gesellschafterwechsel: Bundesfinanzhof klärt wesentliche Fragen
Mit seinem Urteil vom 31. Juli 2024 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, wie Gesellschafterwechsel in grundbesitzenden Personengesellschaften grunderwerbsteuerlich zu bewerten sind. Insbesondere bei Beteiligungen über Kapitalgesellschaften kommt der Gesetzesauslegung nach § 1 Abs. 2a GrEStG eine entscheidende Bedeutung zu. Das Urteil hebt hervor, dass der Wechsel von Gesellschaftern an einer Kapitalgesellschaft als neuer Gesellschafterstatus auch für die beteiligte Personengesellschaft zu werten ist. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis.
Die Besteuerung von Gesellschafterwechseln in grundbesitzenden Personengesellschaften unterliegt komplexen Regelungen, die regelmäßig Anpassungen und gerichtliche Klärungen erfordern. Mit dem Urteil vom 31. Juli 2024 hat der Bundesfinanzhof (BFH) erneut eine entscheidende Klarstellung vorgenommen. Das Gericht befasste sich mit der Frage, wann ein Gesellschafterwechsel in einer Kapitalgesellschaft, die an einer Personengesellschaft beteiligt ist, grunderwerbsteuerliche Folgen nach sich zieht. Die Entscheidung hat Bedeutung für Unternehmen, die Beteiligungen über mehrere Ebenen halten, und für Steuerberater, die diese Strukturen bewerten und planen.
Der Fall betrifft eine Kommanditgesellschaft (KG), deren Vermögen Grundbesitz in Deutschland umfasst. An der KG war eine Kapitalgesellschaft, die R-GmbH, mit 90 % beteiligt, die restlichen 10 % hielten andere Gesellschafter. Ein Gesellschafterwechsel trat ein, als sämtliche Anteile an der R-GmbH von einem bisherigen Gesellschafter, der auch direkt an der KG beteiligt war, auf einen neuen Treuhänder übertragen wurden. Die Finanzverwaltung betrachtete diesen Vorgang als einen Gesellschafterwechsel im Sinne von § 1 Abs. 2a GrEStG und erhob Grunderwerbsteuer. Die betroffene KG klagte dagegen und argumentierte, dass die Übertragung nicht zu einer steuerpflichtigen Änderung im Gesellschafterbestand führe, da der neue Anteilseigner bereits indirekt beteiligt gewesen sei.
Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Der BFH entschied, dass die Übertragung der Anteile an der R-GmbH sehr wohl als grunderwerbsteuerpflichtiger Gesellschafterwechsel zu bewerten ist. Maßgeblich ist die Auslegung von § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG, der bestimmt, dass eine Kapitalgesellschaft, die mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft hält, als neue Gesellschafterin gilt, wenn sich die Eigentumsverhältnisse an der Kapitalgesellschaft ändern. Diese Fiktion greift unabhängig davon, ob der neue Gesellschafter bereits direkt an der Personengesellschaft beteiligt war. Entscheidend ist allein der Wechsel der Beteiligungsverhältnisse an der Kapitalgesellschaft selbst.
Im vorliegenden Fall übernahm der neue Anteilseigner die Anteile an der Kapitalgesellschaft als Treuhänder, was nach Auffassung des BFH keinen Einfluss auf die steuerliche Bewertung hat. Der BFH stellte zudem klar, dass für die grunderwerbsteuerrechtliche Bewertung ausschließlich auf die Struktur der Kapitalgesellschaft abzustellen ist. Die bereits bestehende Beteiligung des neuen Anteilseigners an der Personengesellschaft spielt keine Rolle.
Praktische Auswirkungen auf Unternehmensstrukturen und Besteuerung
Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für die Planung und Strukturierung von Unternehmen, insbesondere bei der Übertragung von Anteilen in Beteiligungsketten. Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass bereits geringfügige Änderungen in den Beteiligungsverhältnissen an einer Kapitalgesellschaft, die an einer Personengesellschaft beteiligt ist, Grunderwerbsteuerpflichten auslösen können. Für die Praxis bedeutet dies, dass steuerliche Risiken bei Anteilsübertragungen frühzeitig erkannt und bewertet werden müssen. Insbesondere bei Treuhandmodellen und mehrstufigen Beteiligungsstrukturen sind die steuerlichen Konsequenzen komplex. Die eindeutige Regelung, dass ein Gesellschafterwechsel auf Ebene der Kapitalgesellschaft steuerliche Folgen für die darunterliegende Personengesellschaft haben kann, erfordert eine detaillierte Prüfung der Beteiligungsstruktur vor der Transaktion.
Fazit: Klarheit für komplexe Strukturen
Mit seinem Urteil hat der BFH wichtige Klarstellungen zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung von Gesellschafterwechseln in grundbesitzenden Personengesellschaften getroffen. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Planung und Dokumentation bei der Übertragung von Anteilen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften in mehrstufigen Strukturen. Es zeigt, dass die steuerliche Bewertung solcher Transaktionen nicht nur von den direkten Beteiligungsverhältnissen, sondern auch von gesetzlichen Fiktionen abhängt, die eine gesonderte Betrachtung der Kapitalgesellschaftsebene erfordern. Dieses Urteil wird die steuerliche Praxis erheblich beeinflussen und Unternehmen dazu anhalten, ihre Beteiligungsstrukturen kritisch zu überprüfen. Steuerberater und Unternehmen sind angehalten, die gesetzlichen Vorgaben in § 1 Abs. 2a GrEStG präzise zu berücksichtigen, um unnötige Steuerbelastungen zu vermeiden. Gleichzeitig wird deutlich, dass die bisherige Rechtsprechung zu Altgesellschaftern nicht uneingeschränkt auf Kapitalgesellschaften angewendet werden kann. Die Expert:innen für Steuerberatung der WWS-Gruppe unterstützen bei der grunderwerbsteuerlichen Behandlung von Gesellschafterwechseln in grundbesitzenden Personengesellschaften.
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