01.2022

GmbH-Anteile: Gestaltung der Vermögensnachfolge kein Selbstläufer

Die gelungene Regelung der Vermögensnachfolge gehört zu den großen Herausforderungen einer Familie. Vermögensinhaber wollen ihre erarbeiteten Werte schützen, erhalten und so sicher wie möglich an die nächste Generation weitergeben. Bei der Bewertung von vererbten GmbH-Anteilen kann es leicht zu Reibereien mit der Finanzverwaltung kommen.

Aktuellen Studien zufolge sollen in den Jahren bis 2027 jeweils 87 Milliarden Euro pro Jahr vererbt werden. Und jede fünfte Erbschaft in Deutschland hat einen Wert von mehr als einer Viertelmillion Euro. Dazu kommt die steigende Zahl von Unternehmensnachfolgen: Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn schätzt, dass derzeit jährlich 30.000 Unternehmen zur Übergabe bereitstehen. Die Förderbank KfW kommt auf Basis ihres Mittelstandspanels auf ca. 102.000 Unternehmen pro Jahr.

Die gelungene Regelung der Vermögensnachfolge gehört damit zu den großen Herausforderungen einer Familie. Vermögensinhaber und Unternehmer wollen ihre erarbeiteten Werte schützen, erhalten und so sicher wie möglich an die nächste Generation weitergeben. Für die optimale Strukturierung sollten sie einige rechtliche, steuerliche und strategische Details beachten. Das gilt vor allem dann, wenn ein Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen im Spiel sind.

Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge wesentlich

Um die Steuerlast bei der Unternehmensnachfolge beziehungsweise bei der Übertragung von Unternehmensbeteiligungen zu optimieren, müssen der allgemeine Unternehmenswert und das betriebsnotwendige und damit verschonungsfähige Betriebsvermögen genau ermittelt werden. Dann sind individuelle Gestaltungen möglich. Die Finanzverwaltung setzt oftmals nach ihrer eigenen Berechnung viel zu hohe Unternehmenswerte für die Berechnung der Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer an. Gegebenenfalls wird aber durch diese Ermittlung des Unternehmenswerts sogar eine höhere Verschonung des betrieblichen Vermögens möglich. Das gilt es detailliert zu berechnen und zu planen.

Die Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge ist dabei ein wesentliches Thema, sowohl für Unternehmens- als auch für Privatvermögen. Alle zehn Jahre können Ehepartner und Kinder 500.000 beziehungsweise 400.000 Euro steuerfrei erhalten. Das bedeutet, dass sich diese relevanten Freibeträge regelmäßig nutzen lassen, die lebzeitige Schenkungsstrategie ist das Stichwort. So lassen sich auch größere Vermögenswerte steueroptimiert übertragen, und unter gewissen Umständen kann der Unternehmenswert durch diese Schenkungsstrategie so reduziert werden, dass dieser bei der später stattfindenden vollständigen Übergabe voll verschonungsfähig ist.

Erwerber und Finanzverwaltung nicht immer einig

Dabei sind einige Einschränkungen zu beachten, wie ein aktuelles Verfahren zeigt. Denn die Bewertung von vererbten GmbH-Anteilen verläuft zwischen Erwerber und Finanzverwaltung nicht immer reibungslos. Das gilt gerade dann, wenn die Bewertung deutlich niedriger ausfallen soll, als es in anderen Fällen üblich ist. Das kann schnell zum Bumerang werden.

Das Finanzgericht Münster (FG) hat nun entschieden, welcher Wert als Mindestwert heranzuziehen ist. Die Kläger sind die Erben ihrer im Jahr 2014 verstorbenen Mutter. Zum Nachlass gehörte eine Beteiligung an einer GmbH mit der Funktion einer Familienholding. Mit dem Erbfall fielen freiwillige Einziehungen von Geschäftsanteilen zusammen, das heißt, andere Gesellschafter schieden aus der GmbH aus. Die Kläger gingen davon aus, dass sich der gemeine Wert des geerbten Anteils für die Erbschaftsteuer aus dem Einziehungskurs der zurückgegebenen Anteile ableiten lasse.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt jedoch die Auffassung, dass eine Wertermittlung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen nicht zu erkennen sei. Der gemeine Wert sei vorrangig aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten. Den gemeinen Wert des Anteils der Erblasserin an der GmbH ermittelte das Finanzamt daher anhand des Substanzwerts. Der Substanzwert ist gesetzlich definiert als die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge der Gesellschaft.

Substanzwert bildet nach Ansicht des Finanzgerichts stets den Mindestwert

Das Finanzgericht hielt die dagegen gerichtete Klage für unbegründet. Das Finanzamt habe den gemeinen Wert des Anteils zutreffend anhand des höheren Substanzwerts ermittelt. Der Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften sei unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse und der Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag gesondert festzustellen, sofern er für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sei. Bei der Bewertung des gemeinen Werts eines GmbH-Anteils bilde der Substanzwert nach Ansicht des Finanzgerichts stets den Mindestwert. Das gelte auch dann, wenn der Steuerzahler die Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten geltend mache. Die Kläger haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Jetzt muss der Bundesfinanzhof entscheiden, ob der gemeine Wert eines GmbH-Anteils auch aus der (freiwilligen) Einziehung von Geschäftsanteilen abgeleitet werden kann.

Unterstützung bei der Wertermittlung und Gestaltung

Damit wird einmal mehr deutlich, dass die gelungene und steueroptimierte Gestaltung der Vermögensnachfolge kein Selbstläufer ist. Es lauern viele Fallstricke, gerade bei der Bewertung der Assets. Das kann unerfreuliche Steuerforderungen zur Folge haben. Entscheidend ist also, dass Vermögensinhaber sich bewusst machen, dass sie für diesen Prozess erfahrene Berater brauchen, die sämtliche Ebenen und Szenarien im Blick haben. Dann gelingt die Nachfolgegestaltung. Sollten Sie Unterstützung bei der Wertermittlung im Rahmen der Erbschaftsteuer benötigen, unterstützen die Steuerberater der WWS-Gruppe.

 

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Dr. Stephanie Thomas
Geschäftsführerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin, Fachanwältin für Steuerrecht
Tel.: 02166 971-130
E-Mail: s.thomas@wws-gruppe.de

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