09.2024

Fiskalische Behandlung der Fortbildungs- und Wissenschaftsförderung

Der Bundesfinanzhof und verschiedene Finanzgerichte haben sich mit den steuerlichen Folgen finanzieller Förderungen im Rahmen von Fortbildungen, Stipendien oder Preisgeldern befasst.

In der heutigen Zeit, in der berufliche Weiterentwicklung und Qualifizierung eine immer größere Rolle spielen, stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage nach den steuerlichen Implikationen der verschiedenen Formen der finanziellen Unterstützung, die ihnen im Rahmen von Fortbildungen, Stipendien oder Preisgeldern gewährt werden. Hierbei sind die steuerrechtlichen Vorschriften und die entsprechende Rechtsprechung oft entscheidend für die finanzielle Planung und den tatsächlichen Nutzen solcher Unterstützungsmaßnahmen. In diesem Kontext sind mehrere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und der Finanzgerichte von besonderem Interesse, da sie Klarheit über die steuerliche Behandlung dieser Unterstützung bieten und wichtige Leitlinien für Arbeitnehmende und Arbeitgebende gleichermaßen darstellen.

KfW-Förderung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen

Ein zentraler Aspekt betrifft die Frage, wann bei der Förderung von beruflichen Fortbildungen Arbeitslohn vorliegt. Der Bundesfinanzhof hat in einem Urteil vom 23. November 2023 (VI R 9/21) entschieden, dass der teilweise Erlass eines Förderdarlehens, der nach einer erfolgreichen Aufstiegsfortbildung gewährt wird, als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen ist. In dem betreffenden Fall hatte eine Arbeitnehmerin an zwei aufeinanderfolgenden Fortbildungen teilgenommen, die nicht auf Weisung ihres Arbeitgebers erfolgten, jedoch von diesem nicht unerheblich unterstützt wurden. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährte der Arbeitnehmerin ein Darlehen, dessen teilweiser Erlass vom Bestehen der Abschlussprüfung abhing. Der BFH stellte fest, dass dieser Erlass als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen ist, da er den Ersatz von Werbungskosten darstellt, die in der Erwerbssphäre der Arbeitnehmerin angefallen sind.

Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für Arbeitnehmende, die an Fortbildungen teilnehmen und dafür Förderdarlehen in Anspruch nehmen. Der BFH hat hier klar herausgearbeitet, dass der Erlass solcher Darlehen, sofern er an den Erfolg der Fortbildung geknüpft ist, als steuerpflichtiger Arbeitslohn gewertet wird. Dies liegt darin begründet, dass die Fortbildung der Verbesserung der beruflichen Möglichkeiten für Arbeitnehmende dient und der Erlass somit einen ausreichenden Erwerbsbezug aufweist. Es wird deutlich, dass eine solche Förderung nicht als bloßer finanzieller Vorteil für Arbeitnehmende betrachtet werden kann, sondern in direktem Zusammenhang mit dessen Erwerbstätigkeit steht.

Bewertung der Steuerfreiheit von Stipendien muss persönliche und sachliche Angemessenheit berücksichtigen

Ein weiteres steuerlich relevantes Thema betrifft die Steuerfreiheit von Stipendien gemäß § 3 Nr. 44 EStG. Der BFH hat in diesem Zusammenhang geklärt, unter welchen Bedingungen ein Stipendium steuerfrei bleibt und wann es als steuerpflichtig anzusehen ist (Urteil vom 24. Februar 2015, Az.: VIII R 43/12). Ein zentrales Kriterium ist dabei, ob der Stipendienbetrag den für die Bestreitung des Lebensunterhalts erforderlichen Betrag übersteigt. Dabei sind verschiedene Faktoren wie das Alter, die akademische Vorbildung und die Einkünfte vor dem Stipendium zu berücksichtigen. In einem Fall, in dem eine wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Universität ein Stipendium erhielt, entschied der BFH, dass dieses Stipendium steuerfrei sei, da es nicht den erforderlichen Lebensunterhalt überstieg und keine Gegenleistung im Sinne einer Arbeitnehmertätigkeit erforderlich machte. Diese Rechtsprechung bietet wertvolle Hinweise für Stipendiaten, wie sie die Höhe ihres Stipendiums im Einklang mit den steuerlichen Vorgaben gestalten können, um eine mögliche Steuerpflicht zu vermeiden. Es zeigt sich, dass der BFH bei der Bewertung der Steuerfreiheit von Stipendien einen umfassenden Ansatz wählt, der sowohl die persönliche als auch die sachliche Angemessenheit berücksichtigt.

Preisgeld für wissenschaftliche Leistungen steuerpflichtiger Arbeitslohn

Ein drittes wichtiges Thema, das die steuerliche Behandlung von Zuwendungen betrifft, sind Preisgelder für Wissenschaftler (FG Münster, Urteil vom 16. März 2022, Az.: 13 K 1398/20 E). Hier hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass ein Preisgeld, das ein Hochschulprofessor für wissenschaftliche Leistungen erhalten hat, als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln ist. Das Gericht betonte, dass das Preisgeld als Gegenleistung für die berufliche Tätigkeit des Professors gezahlt wurde, insbesondere da die Forschung und Publikation von Forschungsergebnissen zu den dienstlichen Aufgaben eines Hochschullehrers gehören. Das Urteil verdeutlicht, dass Preisgelder, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, als Erwerbseinnahmen zu versteuern sind, unabhängig davon, ob die Zuwendung von einem Dritten erfolgt oder nicht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die steuerliche Behandlung von Förderungen, Stipendien und Preisgeldern stark von deren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Empfängers abhängt. Der BFH und die Finanzgerichte legen dabei großen Wert darauf, den Erwerbsbezug dieser Zuwendungen zu prüfen und gegebenenfalls als steuerpflichtige Einkünfte zu erfassen. Für Arbeitnehmer, Stipendiaten und Wissenschaftler ist es daher essenziell, sich über die steuerlichen Implikationen ihrer finanziellen Unterstützungen im Klaren zu sein und diese in ihrer steuerlichen Planung zu berücksichtigen. Die Entscheidungen des BFH bieten dabei wichtige Leitlinien und schaffen Rechtssicherheit in einem oft komplexen und vielschichtigen Bereich des Steuerrechts. Die Expert:innen für Steuerberatung der WWS-Gruppe unterstützen bei der Lösung dieser steuerlichen Fragestellungen.

 

Korrespondenz mit:

Portrait & Vita
Sebastian Loosen
Geschäftsführer, Diplom-Kaufmann (FH), Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

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