12.2023
Der Nießbrauch in der Vermögensübertragung
In der Vermögensnachfolge wird der Nießbrauch häufig eingesetzt, um Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen, während die Erträge aus dem Vermögen üblicherweise weiterhin dem Übergeber zufließen. Dies gilt auch bei der Umleitung von Vermietungseinkünften. Ein unentgeltlicher Nießbrauch an Kinder kann steuerlich anzuerkennen sein.
In der Praxis der Vermögensübertragung spielt der Nießbrauch als juristisches Instrument eine zentrale Rolle, insbesondere im Kontext von Schenkungen. Er ermöglicht eine spezifische Form der Güterübertragung, bei der der Eigentümer (der Schenker) sein Vermögen überträgt, sich aber gleichzeitig bestimmte Nutzungsrechte vorbehält. Diese Konstellation kann vor allem in der familiären Vermögensnachfolge von strategischer Bedeutung sein.
Der Nießbrauch ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) der Bundesrepublik Deutschland unter den §§ 1030 ff. geregelt. Er bezeichnet das unveräußerliche und unvererbliche Recht, die Nutzungen aus einer Sache oder einem Recht zu ziehen. Dies bedeutet konkret, dass der Nießbrauchberechtigte beispielsweise die Erträge aus einer Immobilie oder einem Wertpapierportfolio erhält, ohne dass er Eigentümer dieser Vermögenswerte ist.
Vermögen auf die nächste Generation übertragen, Erträge behalten
In der Vermögensnachfolge wird der Nießbrauch häufig eingesetzt, um Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen, während die Erträge aus dem Vermögen üblicherweise weiterhin dem Übergeber zufließen. So kann der Senior etwa sein Haus an die Kinder verschenken und sich im Gegenzug das Recht sichern, bis zu seinem Lebensende darin wohnen zu bleiben (Wohnrecht) oder die Mieteinnahmen zu erhalten. Einer der strategischen Vorteile des Nießbrauchs liegt in der steuerlichen Optimierung. Da der Schenker die Nutzungsrechte behält, kann die Schenkung unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich günstiger gestaltet werden: Der Wert des Nießbrauchs wird beispielsweise für Zwecke der Schenkungsteuer vom Wert des geschenkten Gegenstandes abgezogen. Zudem ermöglicht der Nießbrauch, dass das Vermögen zwar aus der Erbmasse herausgenommen wird, die Einkünfte daraus jedoch weiterhin beim Übergeber bleiben. Dies kann insbesondere im Kontext der Alterssicherung eine wichtige Rolle spielen.
Vermieterstellung sollte für die Dauer des Nießbrauchs auf die Kinder übergehen und später wieder an die Eltern als Eigentümer zurückfallen
Dass es bei der Gestaltung von Nießbrauchsregelungen zu Sonderfällen kommen kann, liegt dabei auf der Hand. Ein solcher wurde kürzlich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) verhandelt. Dabei ging es um die Umleitung von Vermietungseinkünften – mit dem Ergebnis, dass ein unentgeltlicher Nießbrauch an Kinder steuerlich anzuerkennen sein kann. Der generelle Hintergrund: Um die einkommensteuerlichen Grundfreibeträge der eigenen Kinder (2023: 10.908 Euro pro Person und Jahr) auszunutzen, spielen Eltern häufig mit dem Gedanken, eigene Einkunftsquellen wie Kapitalvermögen oder Mietobjekte auf ihren Nachwuchs zu übertragen. Wird diese Gestaltung vom Finanzamt anerkannt, können die Kinder ihren Grundfreibetrag ausschöpfen, der ansonsten steuerlich ungenutzt verfallen wäre.
Entsprechende Überlegungen werden jedoch häufig verworfen, da Eltern ihr Vermögen nicht vorzeitig und endgültig aus der Hand geben wollen. Ein neues Steuergestaltungsmodell, das nur zu einer vorübergehenden Umleitung von Einkunftsquellen führt, wurde nun vom Bundesfinanzhof (BFH) anerkannt. Im vorliegenden Fall hatten Eltern ein Geschäftsgrundstück an eine GmbH vermietet, deren Alleingesellschafter und -Geschäftsführer zunächst der Vater und später die Mutter war. Die GmbH zahlte den Eltern eine Miete von 4.000 Euro pro Monat (später 4.200 Euro pro Monat).
Um die Mieteinkünfte auf ihre 14 und zehn Jahre alten Kinder zu verlagern, räumten die Eltern diesen für die Dauer von acht Jahren einen unentgeltlichen Nießbrauch an dem Grundstück ein. Die Vermieterstellung sollte für die Dauer des Nießbrauchs auf die Kinder übergehen und später wieder an die Eltern als Eigentümer zurückfallen. Ein Ergänzungspfleger des Amtsgerichts erteilte für die Kinder die notwendige Genehmigung. Das Finanzamt ging jedoch von einem steuerlichen Gestaltungsmissbrauch aus und rechnete die Vermietungseinkünfte weiterhin den Eltern zu, statt sie bei den Kindern anzusetzen.
Miete für die Geschäftsräume auch vor dem Nießbrauch als Betriebsausgabe abziehen
Der BFH billigte jedoch die Gestaltung und urteilte, dass den Kindern die Vermietungseinkünfte steuerlich zuzurechnen waren. Nach Ansicht des Gerichts lag kein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch vor, da die Kinder die Immobilie als Nießbraucher an einen fremden Dritten (nämlich die GmbH) vermietet hatten. Auch die Befristung der Übertragung war nach Gerichtsmeinung nicht rechtsmissbräuchlich. Die Einräumung des Nießbrauchs begründete lediglich die Übertragung der Einkunftsquelle, der sich daraus ergebende steuerliche Vorteil (Ausnutzung des Grundfreibetrags der Kinder) war unerheblich. Der BFH verwies darauf, dass durch die Gestaltung keine weiteren steuerlichen Vorteile erzielt wurden (zum Beispiel Verlagerung von Unterhaltsaufwendungen). Die GmbH konnte die Miete für die Geschäftsräume auch vor dem Nießbrauch als Betriebsausgabe abziehen.
Entscheidungserheblich für den Bundesfinanzhof war im vorliegenden Fall also, dass die GmbH als fremder Dritter in die Vermietung eingebunden war. Eine solche Gestaltung sollte nur unter enger und frühzeitiger Einbindung des steuerlichen Beraters umgesetzt werden, da es viele Fallstricke gibt. Bei fachkundiger Umsetzung lässt sich aber durchaus erhebliches Steuersparpotential ausnutzen. Dabei unterstützen die Steuerberaterinnen und Steuerberater der WWS-Gruppe gerne.
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