01.2022
Berufliche Zweitwohnung im Ausland: Worauf zu achten ist
Immer mehr Menschen leben in Deutschland und arbeiten dauerhaft im Ausland. Dann benötigen sie vor Ort eine Zweitwohnung. Der Knackpunkt: Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland werden die Notwendigkeit und die Angemessenheit der Unterkunftskosten geprüft, bevor sie steuerlich geltend gemacht werden können.
In Zeiten fortschreitender Mobilität und Globalisierung sind grenzüberschreitende Arbeitsverhältnisse keine Besonderheit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer scheuen sich immer weniger davor, eine Stelle im Ausland anzunehmen und zugleich ihren Wohnsitz in Deutschland zu erhalten. Flexibilität ist das Stichwort.
Ist das der Fall, brauchen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Ausland selbstverständlich eine berufliche Zweitwohnung an der ersten Tätigkeitsstätte, also an ihrem dauerhaften internationalen Standort. Das Gesetz unterscheidet dezidiert zwischen der (beruflichen) Zweitwohnung und dem Hauptwohnsitz. Das Bundesmeldegesetz definiert den Hauptwohnsitz als vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners. Unter § 22 „Bestimmung der Hauptwohnung“ heißt es: „Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner.“
Familienheim in Deutschland bleibt grundsätzlich der Erstwohnsitz
Demgegenüber ist die Neben- oder Zweitwohnung im Melderecht eine privat genutzte Wohnung, die nicht als Hauptwohnung genutzt wird. Ein Vorteil: Wohnungen im Ausland bleiben bei der Bestimmung von Haupt- und Nebenwohnung unberücksichtigt, auch wenn sie die objektiven Kriterien einer Hauptwohnung erfüllen würden. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Auslandseinsatz, deren Familie oder Lebenspartner in Deutschland lebt, bleibt also das Familienheim in Deutschland grundsätzlich der Erstwohnsitz.
Wer eine berufliche Zweitwohnung im Ausland führen muss, kann den Fiskus an den Kosten beteiligen. Bis zu 1000 Euro im Monat können für die Unterkunft als Werbungskosten abgesetzt werden, außerdem können Aufwendungen für notwendige Einrichtungsgegenstände und Hausrat in voller Höhe angerechnet werden. Ebenso sind einmal pro Woche Fahrtkosten für wöchentliche Heimfahrten und entstandenen Umzugskosten absetzbar. Außerdem zählen in den ersten drei Monaten die pauschalen Verpflegungsmehraufwendungssätze ebenfalls als Werbungskosten. Wer am Arbeitsort eine Eigentumswohnung unterhält, kann die Zinskosten und die jährliche Abschreibung für das Gebäude absetzen. Die Begrenzung auf 1000 Euro gilt auch bei Wohneigentum.
Durchschnittsmiete einer 60-Quadratmeter-Wohnung als Grundlage
Das große Aber: Bei beruflichen Zweitwohnungen im Ausland gelten mehr Einschränkungen für die steuerliche Absetzbarkeit als in Deutschland. Hierzulande gilt: Eine Zweitwohnung ist dann steuerlich absetzbar, wenn die Mietkosten der Wohnung mehr als zehn Prozent der laufenden Kosten für den Hauptwohnsitz betragen, diese weniger als halb so weit entfernt vom Arbeitsort ist wie die Erstwohnung und das tägliche Pendeln unzumutbar ist.
Diese Bedingungen sind bei Arbeitsstätten im Ausland beinahe in allen denkbaren Fällen erfüllt. Dazu kommt, dass bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland auch die Notwendigkeit und die Angemessenheit der Unterkunftskosten geprüft werden. Dabei stellen die Finanzämter auf die „Durchschnittsmiete einer 60-Quadratmeter-Wohnung“ am Beschäftigungsort ab. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) hat geklärt, ob das Finanzamt die Werbungskosten für eine Dienstwohnung im Ausland mit der Begründung kürzen darf, die Wohnung sei unangemessen groß.
Streitigkeit um Dienstwohnung eines deutschen Botschafters
Der Hintergrund: Der Kläger war im Streitjahr als deutscher Botschafter in zwei deutschen Botschaften im Ausland tätig. Seine Einkünfte setzten sich aus steuerpflichtigem Bruttoarbeitslohn und steuerfreien Bezügen als Arbeitnehmer einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts zusammen. Im Ausland wohnte der Kläger in Wohnungen mit Flächen von 249 beziehungsweise 186 Quadratmetern, die ihm jeweils vom Auswärtigen Amt zugewiesen worden waren.
Seine Ehefrau wohnte während des gesamten Streitjahres in der gemeinsamen inländischen Wohnung. In seinen Gehaltsabrechnungen wurden dem Kläger die Kosten der beiden ausländischen Wohnungen monatlich direkt als „Dienstwohnungsvergütung“ abgezogen. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung machte er die gesamten Wohnungskosten als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt kürzte diese Kosten jedoch jeweils um den Anteil, der auf eine Wohnfläche von über 60 Quadratmetern entfiel.
Voraussetzungen sollten immer sehr genau geprüft werden
Das FG hielt die dagegen gerichtete Klage des Botschafters für begründet. Das Finanzamt hat die Aufwendungen zu Unrecht gekürzt. Die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung waren erfüllt. Die Wohnungsmieten des Klägers sind in voller Höhe als notwendige Mehraufwendungen im Rahmen seiner doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen. Sie waren für den Kläger unvermeidbar, denn sein Dienstherr hatte ihn angewiesen, die jeweilige Wohnung zu beziehen, und ihn hierzu auch verpflichtet. Deshalb wurde ihm auch die Dienstwohnungsvergütung in Form des Mietwerts der Dienstwohnung als Sachbezug auf seine Dienstbezüge angerechnet. Außerdem hätte der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit, nämlich seiner Arbeit als Botschafter, ohne eine Wohnung im Ausland gar nicht nachgehen können. Daher sind die hierfür angefallenen Kosten unabhängig von der Wohnfläche ungekürzt zu berücksichtigen.
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Jetzt muss der Bundesfinanzhof entscheiden, ob in diesem Fall ein ungekürzter Abzug möglich ist. Dass es überhaupt zu diesem Verfahren gekommen ist, zeigt, wie sensibel die Finanzbehörden mit der steuerlichen Begünstigung von beruflich bedingten Zweitwohnungen im Ausland sind. Die Voraussetzungen sollten demnach sehr genau geprüft werden. Es mag, wie im vorliegenden Fall, immer wieder Ausnahmen geben. Diese sind jedoch individuell zu prüfen und eben keine Selbstverständlichkeit. Das Urteil wirkt sich für betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen der Progression aus.
Wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit diesen Regelungen richtig umgehen, erklären die Experten für Steuerberatung der WWS-Gruppe.
Korrespondenz mit:
Auf dem neuesten Stand
Unsere Mitarbeiter befassen sich für unsere Mandanten laufend mit aktuellen Themen aus
Wirtschaftsprüfung ›
Unsere Wirtschaftsprüfer prüfen auch Ihren Jahresabschluss, implementieren Risikofrüherkennungs- und Kontrollsysteme, achten auf Compliance Regeln und haben aktuelle Entscheidungen fest im Blick.
Steuerberatung ›
Unsere Steuerberater informieren unsere Mandanten laufend über steuerrelevante Neuigkeiten: neue Unterstützungsangebote, geänderte Antragsfristen, außergewöhnliche Gestaltungsmöglichkeiten u. v. m.
Rechtsberatung ›
Welche Entscheidungen haben welche Auswirkungen auf Ihr Geschäft? Unsere Rechtsberatung informiert unsere Mandanten laufend über Änderungen in verschiedenen für sie relevanten Rechtsgebieten.